Sozialkritische Filme aus den Slum-Vororten von Paris – aus der sogenannten Banlieue – zählen seit Jahren zum festen Bestandteil des französischen Kinos. GAGARIN – EINMAL SCHWERELOS UND ZURÜCK gehört in dieses Genre – doch der Film ist ganz anders.
Der erste Mann im Weltall, Juri Gagarin, eröffnete Mitte der 60er-Jahre höchstpersönlich eine Plattenbau-Siedlung an Rand von Paris und taufte sie mit seinem Namen. Mit diesem Wochenschau-Bericht beginnt GAGARIN – EINMAL SCHWERELOS UND ZURÜCK. Inzwischen droht der heruntergekommenen Siedlung der Abriss, die maroden Gebäude sind nicht mehr sicher. Doch ein 16-Jähriger, der Farbige Yuri (Alséni Bathily), hält einsam die Stellung. Heimlich hat er seine Wohnung in eine Raumstation verwandelt, in der er vom Leben als Astronaut träumt.
Die aus dem Hochhaus geworfenen Ex-Bewohner solidarisieren sich mit dem „letzten Mohikaner“ – doch alle Proteste helfen nichts: Das Sprengkommando rückt an. Was bis jetzt wie eine bissige Sozialstudie wirkte, bekommt plötzlich einen genialen Schlenker. Der Film endet in einer surrealistischen Apokalypse, die wahrscheinlich jeden Zuschauer umhaut. Dem Regieduo Fanny Liatard und Jérémy Trouilh ist ein denkwürdiges Finale gelungen, das lange nachwirkt. Davon lebt das Kino: von Filmen, die uns immer noch überraschen können.
Gagarine (Frankreich 2020)
98 Minuten
Drama
Fanny Liatard, Jérémy Trouilh
Fanny Liatard, Jérémy Trouilh, Benjamin Charbit
Alséni Bathily, Lyna Khoudri, Jamil McCraven, Finnegan Oldfield, Farida Rahouadj, Denis Lavant
Film Kino Text – Jürgen Lütz eK