Der Film der Woche

Morgen ist auch noch ein Tag

04.04.2024

Die Tragikomödie MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG von Paola Cortellesi war in Italien der erfolgreichste Film des vergangenen Jahres. Jetzt kommt das eindrucksvolle Werk auch in unsere Kinos.

Rom im Jahre 1946, direkt nach der Befreiung vom Faschismus: Delia (Paola Cortellesi) lebt mit ihrem Mann (Valerio Mastandreo), ihren drei Kindern und dem kränklichen Schwiegervater in einer kleinen Wohnung. Um die Familie über Wasser zu halten, bessert sie die Haushaltskasse mit diversen Hilfsarbeiten auf. Trotzdem gibt ihr Mann ihr immer wieder zu verstehen, für wie nutzlos er sie hält und zeigt ihr das auch immer wieder in der Form von roher Gewalt. Als jedoch ein mysteriöser Brief eintrifft, gibt ihr dieser endlich den Mut, alles über den Haufen zu werfen und für ein besseres Leben zu kämpfen. Nicht nur für sich, sondern auch für ihre Tochter Marcella (Romana Maggiora Vergano)…

Mit MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG legt die italienische Schauspielerin und Moderatorin ihr Regiedebüt vor. Nach der Premiere beim Filmfestival Rom Ende Oktober 2023 nahm der Film für stolze sieben Wochen die Spitzenposition der italienischen Kinocharts ein und konnte sich u.a. gegen Ridley Scotts „Napoleon“ oder „Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes“ durchsetzen. Und mit über 5 Millionen Besucher:innen war der Film in Italien sogar erfolgreicher als „Barbie“ oder „Oppenheimer„.

Paola Cortellesi, die auch am Drehbuch mitgeschrieben hat und zudem die Hauptrolle spielt, erzählt in ihrem Film vom alltäglichen Kampf der Frauen um Gleichberechtigung. Inspiration erhielt sie dafür vom Leben und den Erzählungen ihrer eigenen Großmütter. Dabei vermeidet sie es, den feministischen Zeigefinger zu erheben, sondern zeigt die vielen kleinen Schritte auf dem langen Weg zur Emanzipation. Dass sie das zudem in einem wunderschönen Schwarz-Weiß erzählt, ist ein absolutes Geschenk für uns Zuschauer und als Hommage an die Meisterwerke des italienischen Neorealismus gedacht. Dies unterstreicht Cortellesi zudem, in dem sie die Eingangssequenz im Format 4:3 beginnt, um die Atmosphäre dieses Kinos wiederzugeben. Im Verlauf des Films öffnet sich dann das Bild, um den Diskurs sinnbildlich zu erweitern.

Im ersten Moment wirkt es vielleicht ein wenig befremdlich, wenn Cortellesi beispielsweise Prügelszenen in einen Tanz verwandelt. Damit unterstreicht sie jedoch, wie sich die Frauen seinerzeit in ihre Rolle gefügt haben. Sie hatten ein Leben der Täuschung akzeptiert, ohne dies zu hinterfragen. Es war halt einfach so. Und das Schlimme: es ist stellenweise heute immer noch so. Genau das macht MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG zu einem leider immer noch relevanten Film. Cortellesi zeigt das auch noch auf einer anderen Ebene, in dem sie einige Szenen mit Songs untermalt, die auf den ersten Blick so überhaupt nicht in die Zeit zu passen scheinen. Ein verdammt cleverer Trick!

Viele Kreative sind bereits daran gescheitert, in ihrem Regiedebüt zu viel zu wollen. Auch Paola Cortellesi zeichnet sich hier für Drehbuch (wenn auch nicht alleine), Regie und Hauptrolle verantwortlich. Von Überforderung ist hier aber zum Glück nichts zu spüren. Wie elegant und sicher sie die Geschichte umgesetzt hat, ist wirklich beeindruckend. „Delia ist wertlos, so hat man es sie gelehrt. Aber ein Brief mit ihrem Namen und die Liebe zu ihrer Tochter geben ihr den Mut, die Dinge zu ändern. Ich habe versucht, mir vorzustellen, was diese Frauen damals fühlten, als sie einen Brief erhielten, in dem jemand – größer und wichtiger als ihre häuslichen Folterknechte – ihnen ihre Rechte bescheinigte“, so Cortellesi.

Was mich am meisten beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass ich mir das Ende des Films so überhaupt nicht vorgestellt hatte. Aber das möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht weiter erläutern, das sollte sich jeder selbst im Kino anschauen. In jedem Fall ist MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG ein starker, wichtiger Film, der auf so vielen Ebenen überzeugt, dass man ihn unbedingt auf der großen Leinwand sehen muss.

Trailer

ab12

Originaltitel

C'è ancora domani (Italien 2023)

Länge

119 Minuten

Genre

Drama / Komödie

Regie

Paola Cortellesi

Drehbuch

Furio Andreotti, Giulia Calenda, Paola Cortellesi

Darsteller

Paola Cortellesi, Valerio Mastandrea, Romana Maggiora Vergano, Emanuela Fanelli, Giorgio Colangeli, Mit Vincicio Marchioni

Verleih

Tobis Film GmbH & Co. KG

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