2022 hatte der deutsche Regisseur Kilian Riedhof uns alle mit seinem intensiven, auf französisch gedrehten Drama „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ über die Pariser Anschlagsserie vom 13. November 2015 überrascht. In STELLA. EIN LEBEN wählt er jetzt wieder ein politisches Thema – diesmal aus dem Dritten Reich. Der Film stellt die schreckliche Frage: Wie wird eine Jüdin Verräterin an ihrem eigenen Volk?
Berlin, 1940: Die 18-jährige Stella Goldschlag (Paula Beer) lebt mit ihren Freunden für den (noch nicht verbotenen) Jazz und von einer Karriere als Sängerin in New York. Doch als Tochter jüdischer Eltern ist an ein Ausreisevisum nicht zu denken. Drei Jahre später ist die Hoffnung dem verzweifelten Kampf ums Überleben gewichen. Stella und ihre Mutter Toni (Katja Riemann) müssen Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie leisten. Beide entgehen nur knapp einer neuen Deportationswelle, müssen aber mit ansehen, wie Stellas Ehemann verhaftet und später im KZ ermordet wird.
Bei dem Versuch, an (echte?) Lebensmittelkarten zu kommen, lernt Stella den zwielichtigen Passfälscher Rolf Isaakson (Jannis Niewöhner) kennen und verliebt sich in ihn. Das gerissene Gaunerpärchen nutzt die Notlage der in Berlin untergetauchten Juden, indem es ihnen gefälschte Pässe zu horrenden Preisen verkauft. Doch Stella und ihre Eltern werden von der Gestapo verhaftet und in ein jüdisches Sammellager gesteckt. Um ihre Familie vor dem Transport nach Auschwitz zu schützen, willig sie ein, für die SS den Aufenthaltsort jüdischer Mitbürger zu verraten. 1944 wird sie sich angeblich rühmen, bis dahin schon an 100 Verhaftungen beteiligt gewesen zu sein. Stella überlebt, wird aber 1946 von einem russischen Militärtribunal zu zehn Jahren Haft verdonnert. 1957 bestätigt die deutsche Justiz das Urteil…
Regisseur Kilian Riedhof, der – gemeinsam mit Marc Blöbaum und Jan Braren – auch das Drehbuch schrieb, sowie seine Hauptdarstellerin Paula Beer verzichten leider darauf, hinter das Geheimnis der rätselhaften Stella Goldschlag zu gelangen. Riedhofs Inszenierung bleibt doch sehr an der Oberfläche – da wirkt vieles allzu steril. Schade: Paula Beer (Silberner Bär für „Undine“) haben wir schon in deutlich besseren Rollen erlebt. Riedhof klappert brav eine Station nach der anderen ab – Stellas Verzweiflung können wir nur erahnen.
Hier wurde die große Chance vertan, ein ungewöhnliches Leben zu hinterfragen. STELLA. EIN LEBEN ist aller Ehren wert – doch wohl nur etwas für Schulvorstellungen. Kino kann mehr!
Stella. Ein Leben. (Deutschland 2023)
121 Minuten
Drama
Kilian Riedhof
Marc Blöbaum, Jan Braren, Kilian Riedhof
Paula Beer, Jannis Niewöhner, Katja Riemann, Lukas Miko, Joel Basman, Damian Hardung, Bekim Latifi, Gerdy Zint
Majestic Filmverleih GmbH