Der Film der Woche

Marys magische Reise

25.01.2024

Ein Animationsfilm für junge Zuschauer zum Thema Sterben? Kann das funktionieren? Ja, wenn man es genau so macht wie der Regisseur Enzo d’Alò in seinem wunderschönen Film MARYS MAGISCHE REISE. Ein Film für die ganze Familie – von jung bis alt.

Zuhause in Dublin bei Mary (Originalstimme: Mia O’Connor) bestimmen die großen Brüder, Fußball und Fertiggerichte das Tagesgeschehen. Wie gut, dass es da noch Oma Emer (Rosaleen Linehan) gibt, mit der Mary ihre Vorliebe für das Kochen teilt. Doch die liebevollen Tage, die Mary mit ihrer Oma in der Küche verbringt, scheinen gezählt, als diese ins Krankenhaus muss. Zugleich erscheint Mary eine rätselhafte Frau, die sich Anastasia (Charlene McKenna) nennt. Zwar hat sie offenbar noch nie einen Kühlschrank gesehen, aber sie kennt die geheimen Kräuter für Omas Colcannon, einem traditionellen irischen Eintopf aus Kartoffeln und Grünkohl. Diesen bringt Mary daraufhin ihrer Großmutter auf die Krankenstation, als wohlschmeckende Alternative zur bescheidenen Krankenhauskost – schließlich ist gutes Essen immens wichtig für eine Genesung.

Doch Emer wird nicht wieder nach Hause kommen, so sehr sich Mary dies auch wünscht. Und so begeben sich Anastasia, Mary, Emer und Marys Mutter Scarlett auf eine letzte gemeinsame Reise – denn der Tod gehört nun einmal zum Leben dazu. Es ist nur eine Frage, wie man damit umgeht…

Der italienische Animationsfilm-Regisseur Enzo d’Alò greift mit MARYS MAGISCHE REISE ein zentrales Thema auf, über das immer noch viel zu selten gesprochen wird: der Tod. Dabei ist es gerade für unsere jüngsten Mitmenschen wichtig, ihnen die entsprechenden Tools an die Hand zu geben, um so etwas verarbeiten zu können. Das gelingt d’Alò auf ganz wundersame Art und Weise. Mit farbenprächtigen Bildern erzählt er eine zu Herzen gehende Geschichte, die auch an erwachsenen Zuschauern nicht spurlos vorbeigehen wird. Das hier ist kein typischer Kinderfilm, sondern ein Werk für die ganze Familie.

Interessant ist zudem, das d’Alò für Rückblicke auf die Kindheit der Großmutter einen völlig konträren Zeichenstil einsetzt. In schwarz-weißen, grob skizzierten Bildern zeigt er damit, dass im Laufe der Jahre die Erinnerungen mehr und mehr verblassen. Umso wichtiger, dass wir sie mit anderen, insbesondere unseren Kindern und Enkeln teilen.

Die Geschichte des Films basiert auf dem Roman „A Greyhound of a Girl“ des irischen Autors Roddy Doyle und ist tief in der irischen Kultur verwurzelt. D’Alò untermalt das immer wieder, indem er irische Klänge ertönen lässt oder den typisch irischen Humor durchscheinen lässt. Zudem ist Mary ein junges Mädchen, dass ihr Herz am rechten Fleck trägt und sich niemals zu schade ist, genau das zu sagen, was sie gerade denkt.

Mich hat MARYS MAGISCHE REISE zutiefst berührt, so wie schon lange kein Animationsfilm mehr. Umso schöner, dass der Film nach seiner Premiere auf der Berlinale im Februar 2023 nun endlich einem größeren Publikum zugänglich wird.

Und wenn am Ende der Abschied unausweichlich ist, führt das die vier Frauen noch einmal viel näher zusammen. Denn eines ist sicher: „Alles wird großartig“, ganz wie es Anastasia im Film immer wieder sagt…

Trailer

FSK noch unbekannt

Originaltitel

A Greyhound of a Girl (Luxemburg / Italien / Irland / Großbritannien / Estland / Lettland / Deutschland 2023)

Länge

86 Minuten

Genre

Animation / Drama / Familie

Regie

Enzo d'Alò

Drehbuch

Dave Ingham, Enzo d'Alò, nach dem gleichnamigen Roman von Roddy Doyle

Original-Stimmen

Mia O'Connor, Charlene McKenna, Brendan Gleeson, Sharon Horgan, Rosaleen Linehan, Franco Mannella

Deutsche Stimmen

Georgina Noemi Gantner, Diana Gantner, Karin Dieck, Julia Gruber, Sven Brieger, Dieter Landuris

Verleih

Der Filmverleih GmbH

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