Auch in diesem Jahr möchte ich die Tradition fortführen und die aus meiner Sicht besten Filme des Jahres würdigen. Da sich die Menge der von mir gesichteten Filme nochmals vergrößert hat, weite ich die Liste erstmals auf 40 Filme aus. In den Top 40 finden sich ausschließlich Filme wieder, die ihren deutschen Kinostart in 2015 hatten. Filme, die also rein theoretisch jeder in Deutschland hätte sehen können. Im Anschluss an die TOP 40 folgt dann noch eine Liste besonders erwähnenswerter Filme, die bislang noch keinen Kinostart in Deutschland haben.
Insgesamt habe ich in 2015 stolze 244 Filme gesehen. Hinzu kommen noch einmal 45 Filme beim Edinburgh International Film Festival, 24 Filme beim Filmfest Hamburg, sowie 16 Filme beim BFI London Film Festival. Das macht in der Summe insgesamt 329 Filme. Eines hat dieses Filmjahr erneut gezeigt: Um die wahren Perlen zu finden, muss man auch viele Kröten schlucken. Oder anders gesagt: viele schlimme Filme ertragen.
Folgende Filme haben es zudem ganz knapp nicht in die Top 40 geschafft, sind aber durchaus eines Blickes würdig:
Remember
Gerade erst in den deutschen Kinos angelaufen bildet REMEMBER von Atom Egoyan das Schlusslicht meiner Top 40. Die Geschichte des dementen Holocaust-Überlebenden, der sich auf einen letzten Rachefeldzug begibt, ist spannend erzählt und wird trotz Wiederholung zu keinem Zeitpunkt langweilig. Schließlich beginnt die Geschichte für Plummers Figur immer wieder von vorne. Ständig muss er sich das bereits Vergessene durch einen mitgeführten Brief oder andere Hinweise wieder in Erinnerung rufen. Das dabei beim Zuschauer zu keinem Zeitpunkt Langweile aufkommt, macht dabei die Besonderheit des Filmes deutlich. Es gibt im Film einige Momente, in denen man als Zuschauer rätselt, ob Zev gerade etwas wirklich vergessen hat, oder ob er sich nur geschickt aus der Situation manövriert hat.
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Steve Jobs
Seit dem Tod von STEVE JOBS gab es bereits einige Filme und Dokumentationen, die es dann aber doch nicht in die deutschen Kinos geschafft haben. Wahrscheinlich bedarf es auch eines weiteren Visionärs, um diese Geschichte auf die große Leinwand zu bringen. Danny Boyle ist genau dieser Visionär, dem es gemeinsam mit Michael Fassbender in der Hauptrolle gelingt, ein spannendes Biopic zu drehen, dass eigentlich gar kein Biopic ist. Denn das erzählt die Lebensgeschichte eines Menschen in der Regel von der Geburt bis zum Tod. Boyle macht die Geschichte Jobs jedoch an drei elementaren Punkten seines Lebens fest, bei denen es sich allesamt um Produktpräsentationen handelt. Die Hintergründe dieser Veranstaltungen lassen den Zuschauer erahnen, was für ein Mensch Jobs gewesen ist.
American Ultra
as Leben des unmotivierten, glücklosen Kiffers Mike (Jesse Eisenberg) und seiner Freundin Phoebe (Kristen Stewart) in der amerikanischen Provinz verläuft alles andere als spektakulär. Den Großteil ihres Alltags verbringen die beiden mit ihren langweiligen Kleinstadt-Jobs und dem Konsumieren von Drogen. Doch dann wird das Leben des Paares schlagartig auf den Kopf gestellt. Denn was Mike selbst nicht (mehr) weiß: Er ist ein hochqualifizierter und zum effizienten Töten ausgebildeter Schläfer-Agent. Ich bin eigentlich überhaupt kein Freund von Kiffer-Filmen. Wenn die Story aber so dermaßen aus dem Ruder gerät wie hier und man den beiden Hauptdarstellern deutlich ansieht, dass sie beim Dreh einen Heidenspaß hatten, dann bin auch ich überzeugt. Jesse Eisenberg und Kristen Stewart hätten in diesem Fall gar nicht besser besetzt worden sein und sorgen für allerlei Kopfschütteln und böse Lacher. Wer also auf rücksichtslose und abgefahrene Komödien steht, der ist bei AMERICAN ULTRA goldrichtig.
Frank
Zugegeben, FRANK ist skurril, FRANK ist gewöhnungsbedürftig, FRANK ist exzentrisch – FRANK ist eben anders. Aber genau das macht den besonderen Reiz des Filmes aus. Michael Fassbender agiert hier überzeugend ohne die Möglichkeit, seine Mimik einzusetzen, schließlich steckt er die ganze Zeit unter einem immensen Pappmachékopf. Auch der Rest des Casts, allen voran Maggie Gyllenhall und Domhnall Gleeson agiert mehr als überzeugend. FRANK ist eine Perle des kleinen Kinos, die es verdient, von möglichst vielen Menschen gesehen zu werden!
Southpaw
Nach seiner ausgemergelten Erscheinung in NIGHTCRAWLER hätte vermutlich niemand Gyllenhaal zugetraut, innerhalb kürzester Zeit die Statur eines Boxer anzunehmen. Man mag sich kaum ausmalen, welche Strapazen der 34-jährige auf sich genommen hat, um so auszusehen. Doch als wäre das nicht genug, steigert sich Gyllenhaal so sehr in diese Rolle, dass man selbst als Filmkritiker, der mit dem Thema Boxsport so überhaupt nichts anfangen kann, gebannt diesen Film verfolgt. Natürlich geht es hier nicht um das Boxen an sich, sondern um einen Mann, der sich von ganz unten nach ganz oben gekämpft hat und dann diesen harten Weg noch einmal gehen muss.
Amy
Der Regisseur Asif Kapadia bietet uns mit AMY einen Einblick in das Leben der Ausnahmekünstlerin Amy Winehouse. Dabei konnte er auf ein schier unfassbare Menge privater Videos zurückgreifen, die einen fröhlichen Teenager oder eine junge Jazzsängerin zeigen, die ihre musikalische Heimat auf kleinen Festivals und in Independent-Clubs fand. Er begleitet sie weiter durch die Zeit des plötzlichen Ruhms, der großen Shows und Duette (u.a. mit Jazz-Legende Tony Bennett) und die Versuche, wieder zu sich zu finden. Die wichtigste Erkenntnis des Filmes ist aber, dass für den viel zu frühen Tod der Sängerin keine einzelne Person allein verantwortlich ist, sondern die Summe der Ereignisse, die Summe der Menschen, die an ihrem Ruhm teilhaben wollten.
Für immer Adaline
Der Regisseur Lee Toland Krieger lieferte bereits mit CELESTE & JESSIE eine wunderbare Romantic Comedy ab. Mit FÜR IMMER ADALINE begibt er sich jetzt ein klein wenig in den Bereich des Fantastischen und erzählt eine wunderschöne und zu Herzen gehende Geschichte. Natürlich ist von vorn herein klar, dass das Gute siegen wird und dass es mit Sicherheit ein Happy End geben wird, aber das stört nicht im Geringsten. Denn der Weg dorthin ist das Ziel. FÜR IMMER ADALINE ist ein Film für alle hoffnungsvollen Romantiker oder alle die, die den Glauben an die Liebe noch nicht verloren haben.
Der große Trip – Wild
Nach Jahren des ziellosen Umhertreibens, einer Heroinsucht und dem Ende ihrer Ehe, trifft Cheryl Strayed (Reese Witherspoon) eine wagemutige Entscheidung. Drei Monate lang kämpft sie sich fast zweitausend Kilometer über die Höhenzüge des Pacific Crest Trail an der US-Westküste von Südkalifornien bis in den Norden Oregons. In geschickt verschachtelten Rückblenden erfahren wir, was die Gründe für den eindrucksvollen Ausbruch aus der Realität ist. Viele der kleinen Geschichten, die sich während der Wanderung ergeben, klingen – wenn man sie nur grob umschreibt – auf den ersten Blick recht kitschig, aber der Drehbuchschreiber und Bestsellerautor Nick Hornby (A LONG WAY DOWN, AN EDUCATION) schafft es, immer genau dann, wenn man es beinahe erwartet, eben nicht in den Kitsch abzudriften. Das macht DER GROSS TRIP – WILD zu einem sehenswerten Film mit einer überragenden Reese Witherspoon, die den Film nebenbei auch noch als Produzentin finanziert hat.
Die Melodie des Meeres
Der Film erzählt eine wunderbare Geschichte aus der Mythenwelt Irlands und Schottlands, in der von Robben erzählt wird, die in Menschengestalt an Land gehen – sogenannte Selkies. Doch irgendwann zieht es sie zurück ins Meer. Doch jetzt liegt es ganz an der kleinen Saoirse, die Welt der Fabelwesen und Mythen zu retten. Jedem, der sich wie ich mit der Art der Animation nicht anfreunden kann, möchte ich diesen Film trotzdem ans Herz legen, denn genau dort geht er hin. Mitten ins Herz. So sehr, dass man am Ende erkennt, das genau diese Umsetzung perfekt zur wunderbaren Geschichte passt. Ein einmaliges Erlebnis und pure Magie!
James Bond 007 – Spectre
Mit SPECTRE kehrt Bond ein wenig mehr zu seinen Wurzeln zurück und das sogar im doppelten Sinn. SPECTRE ist wieder ein klassischer Agentenfilm der alten Schule, allerdings ohne unsichtbare Autos und dergleicher Gimmicks. Das macht ja schon seit Craigs Einstieg den „neuen“ Bond aus – weg von albernen und an den Haaren herbeigezogener Ausstattungsmerkmale und hin zu einer realistischeren, actionreicheren Handlung. Einige kritisieren das, weil Bond sich so noch weniger abhebt von anderen Helden wie Jason Bourne oder Ethan Hunt. Mich persönlich stört das aber nicht – Im Gegenteil!