Sound of Freedom

08.11.2023

Mit SOUND OF FREEDOM kommt ein Film in die Kinos, über den man durchaus diskutieren oder gar streiten kann – und das in vielerlei Hinsicht. Es folgt der Versuch einer Einordnung…

Als Spezialagent der Homeland Security führt Tim Ballard (Jim Caviezel) einen geradezu aussichtslosen Kampf gegen den internationalen Kinder- und Menschenhandel. Als er eines Tages den kleinen Miguel (Lucás Ávila) aus Honduras aus den Händen skrupelloser Kinderhändler befreit, erfährt er, dass sich dessen Schwester Rocío (Cristal Aparicio) immer noch in der Gewalt der Verbrecher befindet. Ballard läuft die Zeit davon, um das kleine Mädchen zu befreien. Kurzerhand kündigt er seinen Job und reist tief in den kolumbianischen Dschungel, wo ihn ein lebensgefährlicher Einsatz erwartet: Denn Rocíos Entführer sind bis an die Zähne bewaffnet – und denken nicht daran, das Mädchen kampflos zu übergeben…

Jim Caviezel ist schon seit längerer Zeit dafür bekannt, als tiefgläubiger Christ vemehrt solche Rollen zu übernehmen, in denen der christliche Glaube stark im Mittelpunkt steht. So ist es auch bei SOUND OF FREEDOM der Fall. Produziert wurde der Film von den Angel Studios, einer Produktionsfirma, die sich auf bibeltreue Erzählungen und alles, was auch nur ansatzweise in diese Richtung geht, spezialisiert haben. Viele ihrer Film entstehen durch Crowdfunding, oftmals geht diesen eine Umfrage unter Gläubigen zuvor, in der gefragt wird, zu welchen Themen Filme gewünscht werden.

Ich habe grundsätzlich ein Problem damit, wenn Filme mit der religiösen Keule um die Ecke kommen. Immer mal wieder haben es verschiedene deutsche Verleiher versucht, den in den USA schier unermesslichen Markt für christliche Filme auch bis in unsere Gefilde auszuweiten, aber zum Glück ist das bislang nie wirklich gelungen. SOUND OF FREEDOM fällt dabei eigentlich gar nicht so recht in dieses Schema, ist der christliche Aspekt doch relativ zurückhaltend eingesetzt worden. Schließlich geht es hier in erster Linie und dem Menschenhandel, insbesondere von Kindern, sowie den Missbrauch durch Pädophile. Das so etwas niemand ersthaft gutheißen kann, sollte eigentlich klar sein. Trotzdem müssen in der heutigen Zeit weitaus mehr Menschen in sklavenähnlichen Verhältnissen leben, als zu Zeiten in den die Sklaverei noch erlaubt war.

In den USA ist SOUND OF FREEDOM jedoch von Ultra-Rechten regelrecht gekapert worden. Besonders die QAnon-Anhänger sind auf diesen Zug aufgesprungen. Warum? Nun, weil Jim Caviezel den kruden Theorien offenbar nicht abgeneigt ist. Zur Erinnerung: QAnon-Anhänger glauben u.a., dass eine geheime Elite die USA mit Hilfe eine sogenannten „Deep States“ unter Kontrolle gebracht haben soll. Den angeblichen Protagonisten aus Politik, Medien und Unterhaltung werden satanistische, sadistische und pädophile Handlungen unterstellt. Man unterstellt dieser Elite zudem, dass sie massenhaft Kinder gefangen hält, durch deren Folterung das Stoffwechselprodukt Adrenochrom gewonnen werden soll, das zum Beispiel von Hollywoodstars zur Bekämpfung des Alterungsprozesses verwendet wird.

In Talkshows hat Caviezel zwar nie seine Überzeugung bezüglich dieser absurden Verschwörungstheorien zugegeben, jedoch immer wieder ordentlich Öl ins Feuer geworfen mit Aussagen wie „sein Film zeige ja schließlich, dass immer wieder Tausende von Kindern entführt würden“. Daraufhin sorgten rechte Kanäle immer wieder dafür, dass Aufführungen von SOUND OF FREEDOM ausverkauft waren.

Die Angel Studios haben zudem die Kampagne „Pay It Forward“ ins Leben gerufen, über die man für Freunde, Familie oder Bekannte Tickets erwerben kann, wenn man der Meinung sei, diese müssten den Film unbedingt sehen. Ebenso kann man Tickets erwerben für Menschen, die sich einen Kinobesuch nicht leisten können. Genau diese Möglichkeit haben die Ultra-Rechten genutzt, um den Film so bekannt zu machen. Aktuell wurden über diese Aktion in den USA bereits knapp 30 Millionen Tickets verkauft (Stand: 31.10.2023). Missionierung pur, könnte man behaupten.

Wer es bis zum Abspann geschafft hat, wird sich vermutlich denken, dass das Ganze doch nicht so schlimm gewesen sei. Stimmt, bis hierhin hielt sich der christliche Anstrich auch überraschend in Grenzen. Aber mit Beginn des Abspanns startet ein zweiminütiger Countdown. Meine erste Vermutung war, dass die Macher sich jetzt von der Kaperung durch Ultra-Rechte distanzieren, doch weit gefehlt, es folgt ein Clip mit Jim Caviezel, in dem dieser wie in einer Kanzel-Predigt drauf hinweist, wie wichtig dieser Film doch sei und das dieser doch von möglichst vielen Menschen gesehen werden muss. Nur so ließe sich diesem Menschenhandel Einhalt gebieten. Es ist fast so, als wolle uns Caviezel sagen, dass alle, die diese Aktion nicht unterstützen, doch im Grunde ihres Herzens die Pädophilie unterstützen würden. Für mich gehört dieser Monolog zu den schlimmsten Dingen, die ich jemals auf der Leinwand ertragen musste. Das macht tatsächlich den eigentlich gar nicht so schlechten Film fast vollkommen zunichte. Denn die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit, denn diesen Mann, der seinen Job gekündigt hatte, um Kinder aus der Hand ihrer Entführer zu befreien, hat es tatsächlich gegeben. Aber mit dieser Stilisierung zu einer Art Heiligem ist wirklich niemandem geholfen.

Auch in Deutschland wird es zum Kinostart übrigens diese „Pay It Foward“ Kampage geben. Das war tatsächlich Grundvorraussetzung der Angel Studios, den Film einem deutschen Verleih anzuvertrauen. Es bleibt abzuwarten, was die deutschen Kinozuschauer von einer solchen Propaganda halten werden. Ohne diese, wäre SOUND OF FREEDOM ein durchaus sehenswerter, hochwertig inszenierter Thriller. Aber dieser Beigeschmack zerstört das leider.

Trailer

FSK noch unbekannt

Originaltitel

Sound of Freedom (USA 2023)

Länge

131 Minuten

Genre

Drama / Action

Regie

Alejandro Monteverde

Drehbuch

Rod Barr, Alejandro Monteverde

Darsteller

Jim Caviezel, Mira Sorvino, Bill Camp

Verleih

24 Bilder Film GmbH

Filmwebsite

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