Smile – Siehst Du es auch?

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Man glaubt es kaum – es gibt tatsächlich noch intelligenten Psycho-Horror made in Hollywood! Ein eher unbekanntes SchauspielerInnen-Ensemble und ein Spielfilm-Regiedebütant haben ein unglaublich intensives Kinoerlebnis geschaffen, das wohl jeden beim Verlassen des Saals verstört zurücklässt. SMILE – SIEHST DU ES AUCH? von Parker Finn ist eine der Überraschungen dieses Jahres.

Die zehnjähriges Rose muss mit ansehen, wie ihre alkoholsüchtige Mutter in der total verdreckten, einsam gelegenen Holzhütte Selbstmord begeht. Gleich in dieser ersten Szene kippt die Kamera um 90 Grad – was uns schon zu Beginn den Boden unter den Füßen verlieren lässt. Diesen Effekt nutzt Kameramann Charlie Sarroff später mehrmals, indem er das Bild nach einer 180-Grad-Drehung radikal auf den Kopf stellt. Diese Irritationen durchziehen den ganzen Film.

Inzwischen arbeitet Rose (Sosie Bacon, die Tochter des Schauspieler-Ehepaares Kevin Bacon und Kyra Sedgwick) als Therapeutin in einer Psychiatrischen Klinik. Während einer Sitzung erzählt ihr ihre neue Patientin eine schreckliche Geschichte: Sie werde von einem diabolisch grinsenden Wesen bedroht. Rose muss erleben, wie auch die junge Patientin dieses infernalische Grinsen („Smile“) aufsetzt und sich vor Roses Augen die Kehle durchschneidet.

Wegen dieses Vorfalls und Roses Vorgeschichte schickt ihr Vorgesetzter sie nach Hause, wo ihr Verlobter Trevor (Jessie T. Usher) sie nicht beruhigen kann. Beim Polizeiverhör trifft sie ihren Ex-Lover Joel (Kyle Gallner) wieder, er ist einer der beiden Cops. Doch niemand kann sich die rätselhaften Ereignisse erklären, zumal dies nicht der erste spektakuläre Suizid in jüngster Zeit war. Bei ihren privaten Recherchen findet Rose heraus, dass ein System erkennbar ist. Ein Passant beobachtet, wie sich jemand in der Öffentlichkeit umbringt – und immer (!) vier Tage später begeht dieser Mensch Selbstmord, natürlich mit einem Grinsen im Gesicht.

Regisseur Parker Finn nutzte als Vorlage seinen eigenen Kurzfilm „Laura Hasn’t Slept“ (2020) und schrieb auch für SMILE – SIEHST DU ES AUCH? das Drehbuch. Mit traumwandlerischer Sicherheit schafft es Finn, die verstörende Aura die kompletten 116 Minuten aufrechtzuerhalten. Am Ende glaubt Rose, das Rätsel liege in der inzwischen verfallenen Holzhütte. Doch zu welchem Preis?

Natürlich kommt auch SMILE – SIEHST DU ES AUCH? nicht ohne „Jump-Scares“ aus – doch die Effekte wirken dabei nie aufdringlich. Dieser Psycho-Horror lebt vom langsamen Aufbau der Spannung – bis zum dramatischen Finale, das wirklich zum Fürchten ist. Für diese Art Kino braucht man kein Star-Ensemble und nicht viel Geld. Es funktioniert auch so. Und Sosie Bacon ist eine echte Entdeckung!