Rickerl – Musik is höchstens a Hobby

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Adrian Goigingers RICKERL – MUSIK IS HÖCHSTENS A HOBBY erzählt vom Wiener Musiker Erich „Rickerl“ Bohacek, der sich mehr oder minder schlecht durchs Leben kämpft. Talent ist zwar vorhanden, aber um wirklich von der Musik leben zu können, steht sich Rickerl viel zu oft selbst im Weg.

Wohnzimmer und Bühne zugleich, das sind für Rickerl (Voodoo Jürgens) die Kneipen im Wiener Arbeiterviertel. Für ein Taschengeld oder eine Weinschorle spielt er sich allabendlich in die Herzen all derer, die sich dort sowieso den ganzen Tag aufhalten. Seinen kargen Lebensunterhalt verdient er sich mit Gelegenheitsjobs wie Totengräber, Sex-Shop-Mitarbeiter oder Hochzeitssänger. Und obwohl seine Songs durchaus Potenzial haben, findet er immer wieder neue Ausreden, eben keine Platte aufzunehmen.

Seine Ex-Freundin Viki (Agnes Hausmann) lebt derweil gut bürgerlich im Eigenheim mit gepflegtem Garten und ihrem neuen Freund Kurti (Claudius von Stolzmann), einem „gestopften Piefke“, um es einmal mit Rickerls Vokabular auszudrücken. Bei Rickerl hingegen reicht das Geld noch nicht mal für einen Kinobesuch mit seinem sechsjährigen Sohn Dominik (Ben Winkler), den er aber über alles liebt. Erst als er Gefahr läuft, alles zu verlieren, findet er seine eigene verschrobene Art, sein Leben in die richtige Bahn zu lenken…

Bereits mit seinem ersten Film „Die Beste aller Welten“ ist es Regisseur und Drehbuchautor Adrian Goiginger gelungen, dem Kinopublikum Figuren zu vermitteln, die man vielleicht nicht lieben muss, denen man aber aufgrund der Erzählweise zumindest Respekt zollen kann. Auch in RICKERL – MUSIK IS HÖCHSTENS A HOBBY ist das wieder der Fall, schließlich würde die Mehrheit den Barden sicherlich eher als Loser sehen denn als Musiker. Doch Goiginger macht sich gar nicht die Mühe, den Mann in ein besseres Licht zu stellen. Wo andere Regisseure sicherlich irgendwelche (unerwarteten) Heldentaten in die Handlung einfließen lassen, bleibt Goiginger einfach ganz nah an seiner Hauptfigur dran. Er muss keine Kinder aus einem brennenden Haus retten oder sich gegen eine Gruppe skrupelloser Spekulanten auflehnen, die seine Kneipe abreißen und dort ein Luxushotel bauen wollen. Nein, Rickerl darf er selbst bleiben – mit all seinen Fehlern und Unzulänglichkeiten. Trotzdem schließen wir ihn als Zuschauer mit jeder Filmminute mehr und mehr ins Herz. Weil er Fehler macht, weil er scheitert und trotzdem wieder aufsteht. Und weil er in vielen kleinen Momenten zeigt, dass er sein Herz trotz aller Widrigkeiten am rechten Fleck trägt.

Das Erfrischende an RICKERL – MUSIK IS HÖCHSTENS A HOBBY ist, dass es Goiginger zu jedem Zeitpunkt unterlässt, in irgendwelche Klischees abzudriften. Er wertet nicht und lässt seinen Figuren den Raum zum Atmen, den sie benötigen. Das spiegelt sich vor allem in der entschleunigten Erzählweise wider.

Vielleicht gehen wir am Ende ja mit dem Gedanken aus dem Kinosaal, dass es nun mal Menschen gibt, die dem ständigen Leistungsdruck unserer Gesellschaft nicht Stand halten können – die aber trotzdem ihren Platz in unserer Mitte verdient haben, ja vielleicht sogar eine Bereicherung sind.