Eine Million Minuten

01.02.2024

Eines muss man der Tragikomödie EINE MILLION MINUTEN von Christopher Doll zugute halten: Der emotional intensive Film erzählt die wahre Geschichte einer Familie und basiert auf der gleichnamigen Autobiografie von Wolf Küper. Gleich fünf (!) Drehbuchautoren – Christopher Doll, Monika Fässler, Tim Hebborn, Malte Welding und Ulla Ziemann – haben die Vorlage umgearbeitet. Das geht selten gut, wie wir aus Hollywood wissen!

Für sein Regiedebüt wählte Doll, bislang vor allem bekannt als Produzent der erfolgreichen Regiearbeiten seiner Ehefrau Karoline Herfurth, ein komödiantisches Melodram – wohl wissend, mit dem Geld seiner Produktionsfirma in der Hinterhand mit seiner Crew nach Thailand und Island reisen zu dürfen. Also zahlt jeder Kinozuschauer mit seiner Eintrittskarte einen Teil dieser „Urlaubs“-Reise. Das mag zynisch klingen – hat aber auch einen Hauch von Verlogenheit. Doll präsentiert uns eine reiche Berliner Familie, die genug Geld hat, mal kurz eine zweijährige Weltreise zu machen. Dabei hat das Ganze einen tragischen Hintergrund.

Wolf Küper (Tom Schilling) hat als Biodiversitätsforscher an der Seite seiner Chefin (Anneke Kim Sarnau) bei der UN Karriere gemacht und hetzt von Kontinent zu Kontinent. Seine Frau Vera (Karoline Herfurth) arbeitet als Bauingenieurin mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit. Mit ihren zwei Kindern, der fünfjährigen Nina (Pola Friedrichs) und dem einjährigen Simon (Piet Levi Busch), leben sie in einer Berliner Schickimicki-Eigentumswohnung. Doch ein Schatten schwebt über dem Ganzen: Ein Arzt (Godehard Giese) stellt bei Nina eine ungewöhnliche Entwicklungsverzögerung, die von Bewegungs- und Koordinationsstörungen begleitet wird, fest. Auch Wolfs Eltern (Ulrike Kriener, Joachim Król) stehen der niederschmetternden Diagnose hilflos gegenüber.

Eines Abends bei einem der seltenen Berliner Gastspiele ihres Vaters hat Nina eine Bitte: „Ach Papa, ich wünschte, wir hätten eine Million Minuten – nur für die ganz schönen Sachen.“ Ein Blick auf den Taschenrechner verrät Wolf: Eine Million Minuten sind genau 694 Tage. Knapp zwei Jahre. Da ihre Ehe ohnehin seit langem kriselt, sehen Vera und Wolf dies als einen Neuanfang an. Wolf erwirkt einen zweijährigen Urlaub, wenn sein Kollege Ben (Hassan Akkouch) ihn vertritt und er jederzeit Online erreichbar ist. Nina darf mit dem Zeigefinger auf dem sich drehenden Globus die Reiseziele bestimmen. Bei Nordkorea winkt Wolf dankend ab – doch Thailand und Island sind in Ordnung.

Und so landet die Familie nach dem Verkauf der Eigentumswohnung in Bangkok und anschließend auf einer abgelegenen Insel, wo Nina die Zeit ihres Lebens hat. Doch für Wolf ist das Nichtstun etwas völlig Neues – und auch die Internet-Verbindung klappt nicht immer. Ein wichtiger internationaler Videocall endet mit einer Panne. Nach einem Kurzaufenthalt in einem Hotel in Bangkok landen die Küpers in Reykjavik und bald darauf mit ihrem klapprigen Gebrauchtwagen in ihrem idyllischen Holzhaus direkt am Meer. Sie lernen nette Einheimische kennen, die ihnen von Trollen und Elfen erzählen. Außerdem muss sich die Familie daran gewöhnen, dass es nachts nicht dunkel wird. Doch dann fliegt Wolf zu einer Beerdigung nach Berlin…

Auch wenn es den Anschein hat: EINE MILLION MINUTEN ist keine dieser unsäglichen „Auswanderer“-Reality-Soaps, mit denen wir bei diversen TV-Sendern belästigt werden. Hier will eine fast zerrüttete Familie wieder zueinander finden. Tom Schilling und Karoline Herfurth geben sich alle Mühe, dieses Dilemma schauspielerisch umzusetzen. Doch es bleibt beim Versuch. Hier wurde ein zu Herzen gehendes Thema verschenkt.

Fazit: Wegen der wunderschönen Schauwerte gerade noch Durchschnitt!

Trailer

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Originaltitel

Eine Million Minuten (Deutschland 2024)

Länge

124 Minuten

Genre

Komödie / Drama

Regie

Christopher Doll

Drehbuch

Monika Fässler, Tim Hebborn, Malte Welding, Ulla Ziemann, Christopher Doll

Darsteller

Tom Schilling, Karoline Herfurth, Pola Friedrichs, Piet Levi Busch, Hassan Akkouch, Anneke Kim Sarnau, Rúrik Gíslason, Ulrike Kriener, Joachim Król, Godehard Giese

Verleih

Warner Bros. Entertainment GmbH

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