Kurz, knackig, übersprudelnd, wild – 79 Minuten wie ein Rausch. Mit seinem Actionthriller LOLA RENNT von 1998 hatte der deutsche Regisseur Tom Tykwer die Filmästhetik der 1990er-Jahre von Grund auf neu erfunden. Jetzt kommt das Meisterwerk in der Reihe „Best of Cinema“ noch einmal in die Kinos – doch nur am 5. Juni 2025. Ein Muss!
Die Stilvielfalt ist überwältigend: Animation, Wechsel von Schwarzweiß und Farbe, verblüffende Kameratricks, hektische Schnitte, eingeschobene Fotosequenzen, Musikvideo-Effekte, stunt-reife Action-Szenen. Das alles ist musikalisch unterlegt mit Trance- und Techno-Elementen. Der Clou: Die Geschichte wird dreimal erzählt – in drei unterschiedlichen Versionen. Drei mal 20 Minuten nebst Prolog und Epilog. Das alles wirkt wie ein avantgardistisches Experiment – doch LOLA RENNT ist pures Kino.
Berlin, 1998: Lola (Franka Potente) und Manni (Moritz Bleibtreu), beide Anfang 20, sind ein Liebespaar. Der Kleinkriminelle Manni arbeitet als Geldkurier für den Hehler Ronnie (Heino Ferch) und ruft panisch seine Freundin aus einer Telefonzelle an. Er hatte eine Stofftüte mit 100.000 Mark auf der Flucht vor Kontrolleuren versehentlich in der U-Bahn liegen gelassen und glaubt, dass ein Obdachloser (Joachim Król) das Geld genommen hat. Wenn sein Boss die 100.000 Mark nicht in 20 Minuten in den Händen hält, dann…
Manni bittet Lola verzweifelt um Rat. Wenn sie ihm nicht in den nächsten Minuten helfen kann, muss er den Supermarkt nebenan überfallen, um zu überleben. Lola beschwört ihn, das sein zu lassen. Ihr werde schon ein Ausweg einfallen. Und rennt los…
Eine junge Frau mit knallroten, wehenden Haaren läuft jetzt dreimal durch die Straßen von Berlin. Doch wie 100.000 Mark in 20 Minuten beschaffen? Erste Anlaufstelle ist Lolas Vater (Herbert Knaup), Filialleiter einer Bank.
Bei der wilden Hetzjagd trifft Lola in allen drei Episoden immer wieder auf die gleichen Passanten. Jetzt folgt der genialste Regieeinfall von Tykwer: Als ob wir in eine Wahrsager-Glaskugel schauen, sehen wir in kurzen Video-Clips das zukünftige Leben dieser Personen – natürlich bei jedem Lauf in einer anderen Version. Wie in einem Märchen, nach dem Motto: Was wäre, wenn…
Am Ende der ersten Episode ist eine Person tot, am Ende der zweiten eine andere. Doch zu einem Märchen gehört auch eine gute Fee – und sowohl Lola als auch Manni haben drei Wünsche, drei Leben. Tykwer hat diesen Übergang von einer zur anderen Episode unglaublich raffiniert inszeniert. Wie sehen das Liebespaar in einer Art Traumsequenz im Bett reden und rauchen, untermalt von mehr als 100 Jahre alter, aber immer noch moderner Musik mit dem bezeichnenden Titel „The Unanswered Question“ von Charles Ives. (Wann gelingt es schon mal, Filmmusik symbolisch so clever einzusetzen?)
Tom Tykwer hat zugegeben, dass er mit der Idee, eine Geschichte gleich dreimal zu erzählen, von seinem großen Vorbild Krzysztof Kieślowski inspiriert worden war. Der polnische Regisseur hatte in „Der Zufall möglicherweise“ (1981/veröffentlicht 1987) seinen Helden einem abfahrenden Zug hinterhergehetzt. Je nachdem, ob er ihn erreichte, verpasste oder von der Bahnpolizei aufgehalten wurde, wurde aus ihm ein kommunistischer Funktionär, Oppositioneller oder Privatmann.
LOLA RENNT ist eine filmische Achterbahnfahrt mit zwei damals noch sehr jungen, großartigen Schauspielern. Diese 79 Minuten im Kino vergehen wie im Flug. Das Leben, ein Zufall!
P. S. Und wer bei dem immer wiederkehrenden Symbol einer Spirale an Hitchcock denkt, liegt nicht ganz falsch!
Die Event-Reihe „Best of Cinema“ bringt an jedem ersten Dienstag im Monat ein Meisterwerk, Klassiker oder Kultfilm zurück auf die große Leinwand – und das in mehr als 300 Kinos!
Die Termine und Filme der nächsten Monate:
01.07.2025: Der letzte Kaiser
05.08.2025: Der weisse Hai
02.09.2025: Walk the Line
07.10.2025: Sie leben
04.11.2025: Das Schweigen der Lämmer
02.12.2025: Charlie und die Schokoladenfabrik
Lola rennt (Deutschland 1997)
79 Minuten
Action / Drama / Thriller
Tom Tykwer
Tom Tykwer
Frank Griebe
Franka Potente, Moritz Bleibtreu, Herbert Knaup, Nina Petri, Armin Rohde, Joachin Król, Ludger Pistor, Suzanne von Borsody, Sebastian Schipper, Heino Ferch
X Verleih AG