Juror #2

16.01.2025

Ein klassisches Gerichtsdrama ohne vertrackte Erzählweise, ohne große Wendungen: JUROR #2 von Clint Eastwood ist genau das: nicht mehr und nicht weniger. Und das ist verdammt gut so.

Als der junge Familienvater Justin Kemp (Nicholas Hoult) als Geschworener in einem aufsehenerregenden Mordprozess berufen wird, versucht er sich mit allen Mitteln davor zu drücken. Schließlich ist seine Frau (Zoey Deutch) im neunten Monat schwanger, das Kind könnte jeden Moment auf die Welt kommen. Doch die Richterin lehnt ab. Im Prozess wird James Sythe (Gabriel Basso) beschuldigt, seine Frau Kendall (Francesca Eastwood) getötet und von einer Brücke gestoßen zu haben. Die Beweise sind erdrückend, der Fall scheint klar, doch der Pflichtverteidiger Eric Resnick (Chrik Messina) glaubt fest an die Unschuld seines Mandanten. Ihm gegenüber steht die resolute Staatsanwältin Faith Killebrew (Toni Collette), die Bezirksstaatsanwältin werden möchte und den Fall am liebsten schnell in ein Urteil überführen möchte. Doch dann kommen Justin Zweifel, er könnte womöglich selbst in den Fall verwickelt sein. An dem speziellen Tag hatte er selbst irgendetwas angefahren – doch war es wirklich nur ein Reh, wie er bislang vermutet hatte?

Selbst mit stolzen 94 Jahren liefert Clint Eastwood noch einen Film nach dem anderen ab. Auch wenn einige seiner letzten Filme bei Publikum und Kritikern nicht mehr ganz so gut ankamen, liefert er mit JUROR #2 wieder einmal einen handwerklich soliden Film ab. Doch nicht nur das: Clintwood gelingt es, ohne Schockmomente, ohne große Wendungen, die die Handlung komplett auf den Kopf stellen, auszukommen. Hier ist schnell klar was Sache ist und das wird sich auch nicht mehr wirklich ändern. Denn Eastwood geht es in erster Linie um das Thema der Moral und die Frage: Was würdest Du tun?

Dass Eastwood auch in diesem Fall wieder einen tollen Cast zusammengetrommelt hat, ist wenig verwunderlich – jeder möchte halt gerne noch einmal mit dem Altmeister drehen. So ist JUROR #2 u.a. mit Nicholas Hoult, Toni Collette, Kiefer Sutherland, J.K. Simmons und Chris Messina bis in die Nebenrollen top besetzt. Und wenn die Kamera von Eastwoods langjährigem Kameramann Yves Bélanger das Gesicht von Nicholas Hoult immer wieder in Großaufnahme zeigt, gelingt es diesem, seine innere Zerrissenheit durch bloße Blicke auszudrücken. Soll er sein Wissen kundtun und damit die Zukunft seiner Familie aufs Spiel setzen? Kann er es zulassen, dass eventuell ein Unschuldiger ins Gefängnis wandert? Das sind Fragen, die man nur schwerlich beantworten kann. Und so macht Eastwood den Zuschauer zum Geschworenen in diesem Prozess.

Sicherlich ist der Zufall, dass Hoults Figur als Geschworener genau in einem Prozess landet, an dem er selbst beteiligt sein könnte, doch arg konstruiert. Über diesen Punkt muss und kann man als Zuschauer aber hinwegsehen. Schließlich geht es hier um etwas weitaus Größeres: Die Frage, ob man es moralisch vertreten kann, in einem solchen Moment nicht das Richtige zu tun.

Es wird viel gemunkelt, ob JUROR #2 der letzte Film von Clint Eastwood sein könnte. Sollte dies der Fall sein, wäre es ein würdiger Abschied. Doch Eastwood selbst scheint noch nicht so recht an Ruhestand zu denken. Auch nicht gut drei Monate vor seinem 95. Geburtstag.

Trailer

ab12

Originaltitel

Juror #2 (USA 2024)

Länge

114 Minuten

Genre

Drama / Thriller

Regie

Clint Eastwood

Drehbuch

Jonathan Abrams

Kamera / Director of Photography (DOP)

Yves Bélanger

Darsteller

Nicholas Hoult, Toni Collette, J.K. Simmons, Kiefer Sutherland, Chris Messina, Gabriel Basso, Zoey Deutch, Cedric Yarbrough, Leslie Bibb, Amy Aquino, Adrienne C. Moore

Verleih

Warner Bros. Entertainment GmbH

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