Beautiful Beings

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Rohe Gewalt und toxische Männlichkeit unter isländischen Jugendlichen – kein einfaches Thema, dem sich der Drehbuchautor und Regisseur Guðmundur Arnar Guðmundsson da angenommen hat. Doch sein zweiter Spielfilm BEAUTIFUL BEINGS ist schlichtweg sensationell!

Ein Küstenstädtchen in Island Anfang der 2000er Jahre. Addi ist 14 und streunt mit seinen Kumpels Siggi und Konni durch die Straßen. Während seine Freunde aus vernachlässigten Familen stammen, hat Addi als Einziger eine liebevolle, wenn auch leicht esoterische Mutter zu Hause. Als sie den schüchternen Balli in ihre Gang aufnehmen, proben sie gemeinsam ihren Mut, naschen Pilze, betrinken sich und gehen spätnachts im Freibad schwimmen. Doch Aggressionen und Gewalt sind immer nur einen Steinwurf entfernt – vor allem bei Konni, den alle nur „das Tier“ nennen. Doch ewig kann das nicht so weiter gehen…

Anfang der 2000er Jahre war die Gewalt unter Jugendlichen in Island besorgniserregend hoch. Man prügelte sich wegen Nichtigkeiten, und die Verletzungen wurde immer schlimmer. Aus dieser Zeit erzählt der Autor und Regisseur Guðmundur Arnar Guðmundsson eine Geschichte, die auf seinen eigenen Erinnerungen basiert. Als Zuschauer ist man verstört und kann diese Form der Verrohung nicht wirklich verstehen. Zum Glück hat die isländische Regierung seinerzeit Maßnahmen ergriffen, die zu einem Rückgang der Gewalt führte, gänzlich verschwunden ist sie aber dennoch nicht.

Guðmundsson findet für die trostlosen Verhältnisse, in denen die Kids leben fast schon poetische Bilder. Das hat er in erster Linie seinem Kameramann Sturla Brandth Grøvlen zu bedanken, einem der besten DOPs, die wir in Europa derzeit haben. Schon in „Victoria“ oder „Der Rausch“, um nur zwei Beispiele zu nennen, hat Brandth Grøvlen gezeigt, wie famos er mit der Kamera umgehen kann.

BEAUTIFUL BEINGS ist ein mehr als eindrucksvoller Coming-of-Age-Film, der noch lange nachhallt. Guðmundur Arnar Guðmundsson gelingt es, dem Zuschauer das Herz zu brechen, nur um es dann Stück für Stück wieder zusammenzusetzen. Ein Film mit einer unbändigen emotionalen Wucht, wie er nur aus Island kommen kann.

Interview

Im Rahmen der Nordischen Filmtage in Lübeck hatte ich die Gelegenheit, mit dem Drehbuchautor und Regisseur Guðmundur Arnar Guðmundsson über seinen Film BEAUTIFUL BEINGS zu sprechen.