Wie wilde Tiere

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Ein intensiver Film, ein schreckliches Thema, ein archaischer, kompromissloser Bildstil: Wie schön, dass es unscheinbare Melodramen wie dieses im europäischen Kino immer noch gibt. WIE WILDE TIERE von Rodrigo Sorogoyen ist so ein Wunder!

Schon die erste Szene prägt den Rhythmus des Films. Man sieht Männer im heimischen Galicien die „Rapa das Bestas“ zelebrieren: Nach jahrhundertealtem Ritual treiben Männer verwildert in den Bergen lebende Pferde ins Tal, um sie zu scheren und zu markieren. Ein Kräftemessen von Mensch und Tier!

Ein abgelegenes Dorf im nordspanischen Galicien. Ein französisches Aussteiger-Ehepaar, Antoine (Denis Ménochet) und Olga (Marina Foïs), ist hierher gezogen, um Gemüse anzubauen und die vielen unbewohnten, verfallenen Häuser wieder in Stand zu setzen. Sie wollen das Dorf vor dem Untergang bewahren. Doch die wenigen hier noch lebenden Einwohner begegnen den „Fremden“ mit Argwohn. Am schlimmsten treiben es die Brüder Xan (Luis Zahera) und Lorenzo (Diego Anido): Beide zeigen den Franzosen ungebremst ihren grenzenlosen Hass. Alle einheimischen Bauern träumen davon, ihr Land zu verkaufen, damit dort ein riesiger Windpark entstehen kann.

Doch das französische Paar widersetzt sich bislang erfolgreich: Das Dorf darf nicht sterben! Bis Antoine eines Tages spurlos verschwunden ist. Auch nach einem Jahr des Wartens kann die angereiste Marie (Marie Colomb) ihre Mutter Olga nicht überreden, aufzugeben und nach Frankreich zurückzukehren…

Schon lange hat mich ein Film nicht so aufgewühlt: WIE WILDE TIERE ist ein schonungsloser bäuerlicher Horrorfilm über das Entstehen von Hass und Gewalt. Spanien und Frankreich sind beide Mitglieder der EU: Was ist da passiert?

Regisseur Rodrigo Sorogoyen ist mit seinen authentischen Bildern immer direkt bei den Menschen – überragend Denis Ménochet als fülliger und mutiger Bauer Antoine. WIE WILDE TIERE ist unglaubliche 139 Minuten lang. Ich möchte keine Sekunde missen!