Mit ganz viel Herz und einer gesunden Portion Humor erzählt Regisseur Christoffer Sandler in SO DAMN EASY GOING von einer jungen Liebe und dem Weg zur Erkenntnis, dass sich manchmal Dinge ändern müssen, damit es besser wird…
In Joannas (Nikki Hanseblad) Kopf ist alles in ständiger Bewegung. Wie ein Stroboskop fahren ihre Gedanken wilde Loopings wie in einer Achterbahn. Kurzum: Joanna hat ADHS und nur wenige Dinge helfen dagegen: Schwimmen im Pool, schneller, emotionsloser Sex mit ihrem Mitschüler Matheus (Emil Algpeus) und natürlich ihre Medikamente. Doch als diese ausgehen und ihr arbeitsloser Vater schon lange keine Apothekenrechnungen mehr bezahlt hat, muss Joanna kreativ werden und auf anderen Wegen Geld beschaffen. Mitten in diesem Chaos steht plötzlich auch noch eine neue Klassenkameradin vor ihr, die coole und selbstbewusste Audrey (Melina Paukkonen), und zu den blitzenden Gedanken gesellt sich noch ein wild pochendes Herz…
Mit SO DAMN EASY GOING ist dem Regisseur Christoffer Sandler nicht nur ein wunderschöner Film gelungen, nein, er schafft es auch noch, dass man als Zuschauer sichtlich bewegt ist. Zwar erzählt er Joannas Geschichte leicht überhöht, verdeutlicht damit aber das Gefühlschaos, das eine erste Liebe mit sich bringt, nahezu perfekt. Die ganze Zeit möchte man als Zuschauer Joanna in den Arm nehmen und trösten. In ihrer verständlichen Angst, dass bloß nichts persönliches über sie bekannt wird, verrennt sie sich in so manche Sackgasse. Gerade auf die Frage ihrer neuen Freundin, was für ein Typ Mensch sie sei, reagiert Joanna panisch und überfordert. Das ist alles absolut nachvollziehbar, wenn man sich ihre Lebensumstände anschaut. Völlig auf sich allein gestellt, weil der Vater seit dem Tod der Mutter in eine tiefe Depression gefallen ist, muss sie ganz allein ihren Weg finden. „Ich weiß nie, ob Du vor dem Fernseher sitzt oder von der Decke hängst, wenn ich nach Hause komme“, sagt sie in einer Schlüsselszene zu ihrem Vater und verdeutlicht damit kurz und knapp ihre scheinbar ausweglose Situation.
Christoffer Sandler findet zu jedem Zeitpunkt den richtigen Ton, er übertreibt nicht, verharmlost aber im Gegenzug auch nicht. Und so zählen die zaghaften Annäherungen zwischen Joanna und Audrey wohl zu den schönsten Szenen des Films. Mit Nikki Hanseblad und Melina Paukkonen hat Sandler aber auch einen echten Volltreffer gelandet, denn die beiden Schauspielerinnen wissen auf ganzer Linie zu überzeugen.
Für Joanna ist Audrey viel mehr als nur eine erste Liebe. Sie ist der Schlüssel dazu, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist. Und so wird Audrey für Joanna zu so etwas wie einem sicheren Hafen – denn als sie sich ihr endlich öffnet, fällt die restliche Welt ins Dunkel und die beiden sind die Einzigen, die existieren. Denn wer die Erkenntnis erlangt, dass sich manchmal Dinge ändern müssen, damit es besser wird, der ist auch Einschränkungen wie ADHS nicht mehr schutzlos ausgeliefert.
Bei den Nordischen Filmtagen Lübeck im November 2022 war SO DAMN EASY GOING mein letzter Film des Festivals und ich hätte mir keinen besseren Abschluss vorstellen können. Dieser wunderbar feinfühlige Film ist eine wahre Entdeckung und ich kann es kaum erwarten, ihn noch einmal zu sehen…
Så jävla easy going (Schweden / Norwegen 2022)
91 Minuten
Drama / Komödie / Romanze
Christoffer Sandler
Christoffer Sandler, Lina Åström, Jessika Jankert, Linda-Maria Birbeck, nach dem Roman „I’m Just So-o Easy Going“ von Jenny Jägerfeld
Nikki Hanseblad, Melina Paukkonen, Shanti Roney, Emil Algpeus
Salzgeber & Co. Medien GmbH