Der Film der Woche

Massive Talent

16.06.2022

Diese Selbstironie muss man erst mal haben: Mit MASSIVE TALENT torpediert sich Nicolas Cage wieder zurück in die Oberliga der Schauspieler. Nicht dass er jemals weg gewesen wäre…

Sein Talent und seine Karriere sind legendär – und dann legendär gescheitert. Einst war Nicolas Cage (gespielt von Nicolas Cage) ein Superstar, doch dann hat er einfach zu viele schlechte Filme gedreht. Was jetzt fehlt, ist die richtige Rolle, um die Karriere wieder in Schwung zu bringen. Dabei hat er eigentlich ganz andere Sorgen: Seine Tochter ist genervt von ihm, und er steht vor dem finanziellen Ruin. Da kommt das verlockende Angebot des Milliardärs Javier Gutierrez (Pedro Pascal) genau richtig: Für eine Million Dollar soll er als Star bei dessen Geburtstagsparty auftreten. Plötzlich ist Cage wieder im Gespräch und wird kurz darauf sogar von der CIA angeworben. Der Milliardär scheint ein gefährlicher Verbrecher sein und Cage soll bei der Party undercover Informationen sammeln. Als Javier jedoch auch dessen Ex-Frau und Tochter einfliegen lässt, wird es langsam gefährlich…

Vor ein paar Jahren durfte ich beim Edinburgh International Film Festival einen Set-Designer kennenlernen, der an etlichen von Cages Filmen mitgearbeitet hat. Einen ganzen Abend lang tischte er uns eine unglaublich Nic-Cage-Geschichte nach der anderen auf. Aber das Wichtigste für ihn war, dass er auf den Mann nichts kommen ließ. „Kein Schauspieler ist am Set mehr vorbereitet, egal ob Hollywood-Blockbuster oder B-Movie. Und keiner geht so respektvoll mit allen Mitwirkenden am Set um, wie Nicolas Cage.“ Neben all den tollen Geschichten (die selbstverständlich unter Verschluss bleiben) ist diese Aussage bei mir am meisten hängen geblieben. Und mein Respekt gegenüber Nicolas Cage ist mit diesem Abend deutlich gestiegen.

Ja, der Mann hat wirklich viel zu viele schlechte Filme gedreht. Keine Frage. Aber Cage hat seinen Beruf schon immer anders gesehen, als die meisten seiner Kollegen. Für ihn war es wichtig, ständig zu tun zu haben. Um so erfreulicher war es, den Mimen im vergangenen Jahr endlich wieder in einem richtig guten Film zu sehen: Mit PIG konnte er wieder einmal zeigen, was in ihm steckt. Dass der Film hierzulande nur im Heimkino veröffentlich wurde, ist eigentlich eine Schande, aber zu dem Zeitpunkt konnte sich vermutlich kein Verleih vorstellen, dass es sich um einen wirklich starken Film handelt.

Anders verhält es sich jetzt mit MASSIVE TALENT: Leonine wagt den Schritt und bringt den Film – zu Recht natürlich – auf die große Leinwand. Und die Selbstironie, die Cage hier an den Tag legt, ist wirklich phänomenal. Wie auch schon in diversen Interviews ist er sich keinesfalls zu schade, über sich selbst zu lachen. Ganz im Gegenteil: Virtuos spielt er mit seinem Image und freut sich diebisch, endlich wieder zurück zu sein – nichts dass er jemals weg gewesen wäre, um den Film zu zitieren.

Ja, der Film ist vielleicht hier und da ein wenig klamaukig, aber das spielt hier keine Rolle. In der Summe macht der Film beim Zusehen einen Heidenspaß. Lediglich der stark gekürzte „deutsche“ Titel enttäuscht ein wenig – im Original heißt es nämlich so süffisant THE UNBEARABLE WEIGHT OF MASSIVE TALENT, also „Die unerträgliche Last des gewaltigen Talents“. Kaum ein Titel könnte hier passender sein.

Doch wird Nicolas Cage in Zukunft nur noch „gute“ Filme drehen? Es bleibt zu hoffen, aber ich vermute mal nicht. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, solange Cage zumindest menschlich gesehen so eine coole Socke bleibt.

Trailer

ab12

Originaltitel

The Unbearable Weight of Massive Talent (USA 2021)

Länge

108 Minuten

Genre

Action / Komödie / Thriller

Regie

Tom Gormican

Drehbuch

Kevin Etten, Tom Gormican

Darsteller

Nicolas Cage, Pedro Pascal, Tiffany Haddish, Neil Patrick Harris

Verleih

Leonine Distribution GmbH

Filmwebsite

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