Auch im zweiten Anlauf zeichnet Regisseur Todd Phillips wieder ein Bild des Jokers, das so gar nicht dem Comic-Vorbild entspricht. Und das ist auch gut so. JOKER: FOLIE Á DEUX ist vieles – aber eines mit Sicherheit nicht: gewöhnlich.
Nach dem Mord an fünf Menschen wartet Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) in der Haftanstalt Arkham auf seinen Prozess. Seine Anwältin Maryanne Stewart (Catherine Keener) setzt alles daran, um zu beweisen, dass ihr Mandant aufgrund der Erlebnisse in der Kindheit schizophren ist. Denn wenn der Joker die Taten begangen hat, kann Arthur Fleck letztendlich dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden. So zumindest der Plan.
Durch die verabreichten Medikamente ist Fleck nur noch ein Schatten seiner selbst. Den Aufforderungen seiner Wärter, einen Witz zu erzählen, kommt er zwischenzeitlich nur noch äußerst selten nach. Um ihn aufzumuntern – und weil er schon seit längerer Zeit nicht mehr auffällig geworden ist –, bringt ihn der Wärter Jackie Sullivan (Brendan Gleeson) zur Belohnung zu einer Musiktherapiestunde. Als er dort auf Harley Quinzel (Lady Gaga) trifft, ist es um ihn geschehen. Fortan malt er sich die Zukunft mit seiner Seelenverwandten aus. Was kann da schon schief gehen…
Schon im ersten Teil von „Joker“ hat uns Todd Phillips total überrascht. Sein Bild der bekannten Figur aus dem Batman-Universum war so dermaßen anders, dass viele – gelinde gesagt – überrascht waren. Phillips konzentrierte sich mehr auf das Seelenleben des Psychopathen als auf dessen Taten. Ich muss zugeben, auch ich hatte so meine Probleme mit dem Film.
In JOKER: FOLIE Á DEUX treibt es der Regisseur jetzt aber auf die Spitze: Keinerlei Action-Sequenzen und eine Handlung, die sich fast ausschließlich im Knast abspielt, sind allein für sich schon gewöhnungsbedürftig. Doch damit nicht genug: Phillips verpackt seine Geschichte auch noch als Musical. Doch genau diese Kombination funktioniert erstaunlich gut. Klar, die meisten der Songs haben etliche Jahrzehnte auf dem Buckel, aber das ist schnell wieder vergessen, handelt es sich doch um zeitlose Stücke. Und mit Superstar Lady Gaga als Gegenpart bewegt sich die Qualität auf einem ganz anderen Niveau.
Aber auch in Bezug auf Gagas Figur Harley Quinzel bleibt Todd Phillips konsequent: von der schillernden Harley-Quinn-Variante von Margot Robbie aus „Birds of Prey“ oder „The Suicide Squad“ ist sie so weit entfernt wie der Papst von Kondomen. Aber auch das spielt nur eine untergeordnete Rolle, denn das Gesamtkunstwerk, das Phillips hier abliefert, kann durchaus überzeugen. Vielleicht nicht auf ganzer Linie, aber immerhin zum größten Teil.
Und so bleibt irgendwie doch alles anders, um einmal Grönemeyer zu zitieren. JOKER: FOLIE Á DEUX verweigert sich seinen Zuschauern und zelebriert das genüsslich. Jedwede Erwartungshaltung der Zuschauer untergräbt Phillips mit enorm viel Spaß an der Freude. Allein dafür muss man dieses „deprimierende Musical“ einmal gesehen haben.
Joker: Folie á Deux (USA 2024)
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Action / Drama / Romanze
Todd Phillips
Todd Phillips
Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Brendan Gleeson, Catherine Keener, Zazie Beetz
Warner Bros. Entertainment GmbH