Die Filme des französischen Regisseurs Jacques Audiard lassen sich selten nur in eine Schublade stecken – oftmals verbindet er Genres, wie man es nie erwartet hätte. Auch im eindrucksvollen EMILIA PÉREZ ist das wieder einmal der Fall…
Rita (Zoe Saldaña) arbeitet als Anwältin in einer großen Kanzlei. Dank ihrer Intelligenz genießen Drogendealer, Mörder und Kartellbosse die Freiheit. Den Ruhm streicht aber trotzdem hinterher ihr stets korrupter Boss ein. Doch eines Tages bietet sich ihr ein Ausweg: Der Kartellboss Manitas del Monte (Karla Sofía Gascón) will mit ihrer Hilfe aus der Mafiawelt aussteigen. Rita soll für den Schlussstrich unter ein zweifelhaftes Lebenswerk sorgen und seiner Frau Jessi (Selena Gomez) und den Kindern ein neues Leben ermöglichen. Doch del Monte hat noch einen weiteren Wunsch: Er möchte sich voll und ganz in die Frau verwandeln, die er im Herzen schon immer war: Emilia Pérez. Doch eine solch gewalttätige Vergangenheit lässt sich nicht so einfach abschütteln…
Beim Filmfest Hamburg ließ die neue Leiterin Malika Rabahallah verlauten, dass sie auf jeden Zuschauer neidisch ist, der EMILIA PÉREZ zum ersten Mal genießen kann, ohne zu wissen, was der Film von Jacques Audiard alles beinhaltet. Damit sollte sie Recht behalten, denn der Film versprüht eine Energie, wie man sie nur selten im Kino sieht. Das Hamburger Publikum war schwer begeistert, genauso wie bereits die Zuschauer bei den Filmfestspielen von Cannes, wo Carla Sofía Gascón als erste transsexuelle Schauspielerin zusammen mit ihren Leinwandpartnerinnen Zoe Saldaña, Adriana Paz und Selena Gomez mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet wurde. Auch der Spezialpreis der Jury ging an den Film.
EMILIA PÉREZ lässt sich nur schwer in Worte fassen, denn Jacques Audiard erzählt hier nicht einfach nur eine Geschichte über den Ausstieg eines Kartelbosses, sondern verbindet dies mit dem Thema einer Geschlechtsumwandlung und verpackt es zudem in ein Musical. Auf eine solche Idee muss man nicht nur erstmal kommen, man muss sie im Anschluss auch noch in einer Form umsetzen, dass dem Publikum die Spucke wegbleibt. Aber auch den Aspekt der in Südamerika äußerst beliebten Telenovelas baut Audiard geschickt in seinen Film ein und geht dabei ein immenses Risiko ein. Ist das Publikum überhaupt bereit für eine Verquickung solcher auf den ersten Blick konträrer Genres?
Auch hierzulande ist man sich des Risikos offenbar bewusst. Daher haben sich gleich zwei Verleiher zusammengetan, um den Film in unsere Kinos zu bringen. Neue Visionen und Wildbunch Germany minimieren so die Gefahr eines Flops. Doch wer den Film mindestens einmal gesehen hat, der weiß den Ideenreichtum von EMILIA PÉREZ zu schätzen.
Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass sich auch das deutsche Kinopublikum auf diesen sensationellen Film einlässt. Verdient hat er es allemal. Und bereuen wird den Kinobesuch vermutlich sowieso niemand, da bin ich mir ziemlich sicher.
Emilia Pérez (Frankreich 2024)
133 Minuten
Drama / Musical
Jacques Audiard
Jacques Audiard
Paul Guilhaume, AFC
Zoe Saldaña, Karla Sofía Gascón, Selena Gomez, Adriana Paz, Édgar Ramirez, Mark Ivanir, Karla Sofía Gascón, Eduardo Aladro, Emiliano Edmundo Hasan Jalil, Gaël Murgia-Fur, Tirso Pietriga, Jarib dit Javier Zagoya Montiel, Magali Brito, Sébastien Fruit
Neue Visionen Filmverleih GmbH / Wild Bunch Germany GmbH