Die Herrlichkeit des Lebens

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Das lange Sterben des Franz K. – das klingt nach einem drögen Fernsehfilm. Wären da nicht mit Henriette Confurius und Sabin Tambrea zwei begnadete Schauspieler und mit Judith Kaufmann eine wunderbare Kamerafrau, die hier auch als Co-Regisseurin fungierte. Und so lohnt DIE HERRLICHKEIT DES LEBENS von Georg Maas und Judith Kaufmann jeden Kinobesuch – auch für Leute, die im Deutschunterricht mit den Romanen und Erzählungen von Franz Kafka nichts am Hut hatten. Seine Werke zählen längst zur Weltliteratur!

Der schwer an Tuberkulose erkrankte 40-jährige Franz Kafka (Sabin Tambrea) macht im Sommer 1923 Urlaub an der Ostsee. Dort lernt er die 25-jährige Hebräisch-Lehrerin Dora Diamant (Henriette Confurius) kennen, die in einem jüdischen Ferienheim Berliner Kinder betreut – als Mädchen für alles. Beide verlieben sich und beschließen, nach dem Ende des Sommers in Berlin zusammenzuziehen. So kann Franz endlich Prag und seinen verhassten Vater verlassen.

Doch das Leben in der kalten, winzigen Wohnung wird zum Albtraum. Die zickige Vermieterin duldet keinen Damenbesuch – und Franz erleidet einen Rückfall. Immerhin vermittelt sein engster Freund Max Brod (Manuel Rubey) ihm einen Vertrag bei einem angesehenen Verlag, der Kafkas neue Erzählungen veröffentlichen will. Bei einem Zusammenbruch ihres Freundes muss Dora Franz’ Familie um Geld anbetteln. Am Ende bezahlt Kafkas Vater den Aufenthalt seines Sohnes in einem Sanatorium bei Wien. Franz siecht dahin – doch bis zum Schluss weicht Dora nicht von seiner Seite. Und Max verweigert sich Franz’ letztem Wunsch, alle Manuskripte zu vernichten. Zum Glück!

Zugegeben, das von Georg Maas und Michael Gutmann nach dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller verfasste Drehbuch kommt nicht ohne Plattitüden aus. Sei’s drum! Georg Maas und Judith Kaufmann konzentrieren sich auf eine zarte, melancholische Liebesgeschichte und auf wunderschöne Bilder vom Ostseestrand. Sabin Tambrea spielt Kafkas Siechtum mit herzzerreißender Innigkeit – und Henriette Confurius spielt wieder umwerfend. Ich kann verstehen, dass so mancher Zuschauer diese Art Kino nicht mag. Alle anderen werden reich belohnt. Am Ende wartet auf uns ein Besuch am heimischen Bücherregal. 2024 ist Franz Kafka genau 100 Jahre tot. Lesen!