The Royal Hotel

Autor: Michael Spangenberg

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Die Prämisse klang eigentlich ganz interessant: Zwei amerikanischen Rucksacktouristinnen geht das Geld aus und so übernehmen sie notgedrungen einen Barjob im THE ROYAL HOTEL im australischen Outback, der mehr und mehr außer Kontrolle gerät. Schade nur, dass die Regisseurin Kitty Green daraus so wenig macht…

Schlecht hörte sich der Name des Pubs gar nicht an: THE ROYAL HOTEL. Und so sahen die beiden Freundinnen Hanna (Julia Garner) und Liv (Jessica Henwick) überhaupt kein Problem darin, nach einer abenteuerlichen Backpackerreise voller Sonnenschein und Alkohol die Urlaubskasse mit einem Job hinter dem Tresen wieder aufzufüllen. Die Realität sieht jedoch ein wenig anders aus: Das Lokal im abgelegenen Bergbaukaff entpuppt sich als heruntergekommener, dreckiger Schuppen und die Moral der Einwohner lässt irgendwie zu Wünschen übrig. Trotzdem entschließen sich die beiden, das Ganze zwei Wochen durchzuziehen, schließlich lockt am Ende ein rauschendes Urlaubsfinale am Bondi Beach – außerdem fährt der Bus nicht wirklich häufig.

Für den schroffen Barbesitzer Billy (Hugo Weaving) sind die beiden nur billige Arbeitskräfte, für seine Stammgäste lediglich neues Frischfleisch, wie sie unmissverständlich auf einem Aufsteller zu verstehen geben. Erst als die derben Anmachen und vulgären Spielchen immer mehr zur Bedrohung werden, fragen sich die Freundinnen, wo sie hier überhaupt gelandet sind. Grekränkt durch die Zurückweisung fängt der verschrobene Dolly (Daniel Hanshall) zudem an, seine Macht in einem psychotischen Spiel zu demonstrieren. Und so wird Hanna und Liv klar, dass sie sich in dieser unbarmherzigen Welt zur Wehr setzen müssen…

2017 sah Regisseurin Kitty Green den Dokumentarfilm „Hotel Coolgardie“ (Regie: Pete Gleeson) als Mitglied der Jury bei einem australischen Filmfestival. Darin ging es um die Geschichte zweier junger skandinavischer Frauen, die in einer australischen Bergbaustadt gefangen sind. Zwar hatte sie schon viele Filme gesehen, die in australischen Pubs spielen, aber hier überzeugte sie die weibliche Sichtweise. Für sie war das ein dynamischer und facettenreicher Ausgangspunkt für ein Drehbuch, schließlich ging es in ihrem gerade abgedrehten Film „The Assistant“ um viele verwandte Themen wie Ungleichheit der Geschlechter am Arbeitsplatz, sexuelle Belästigung und Fehlverhalten.

Wie eingangs bereits erwähnt, waren die Voraussetzungen gar nicht mal so schlecht, doch leider konnte mich THE ROYAL HOTEL nicht wirklich überzeugen. Green gelingt es nicht wirklich, einen Spannungsbogen aufzubauen. Trotz der immer größer werdenden Bedrohung plätschert der Film nur vor sich hin. Sicher, Filme über sexuelle Belästigungen sind wichtig, besonders wenn sie aus der Sicht der Frauen erzählt werden. Aber immer wenn sich die Spannung beginnt aufzubauen, erstickt Green, die das Drehbuch zusammen mit Oscar Redding geschrieben hat, diese sofort im Keim. Als Zuschauer hatte ich immer das Gefühl, dass sich die Bedrohung lediglich im Kopf der Regisseurin abgespielt hat und es nicht wirklich auf die Leinwand geschafft hat. So bleibt THE ROYAL HOTEL leider nur ein Beispiel für verschenktes Potenzial, nicht mehr und nicht weniger…

Trailer