Sundown – Geheimnisse in Acapulco

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Als wär es eine lakonische Erzählung von Ernest Hemingway: Ein Mann in den besten Jahren steigt aus seinem bisherigen Leben aus – ohne dass wir das Motiv erkennen. SUNDOWN – GEHEIMNISSE IN ACAPULCO des Mexikaners Michel Franco dauert gerade mal 83 Minuten, also der Länge nach passend zu einer Short Story des US-Nobelpreisträgers. Hier zeigt sich: Ein Film muss nicht lang sein, diesmal ist alles gesagt: kurz und knackig!

Er gilt als ein Meister der reduzierten Spielweise: der britische Schauspieler Tim Roth. Diesen Film wollte er unbedingt drehen, also hat er ihn mitproduziert. Und es war wohl wie im Urlaub: Der komplette Film spielt (bis auf eine kurze Ausnahme) im mexikanischen Pazifik-Paradies Acapulco.

Neil (Tim Roth) macht mit seiner Schwester Alice (Charlotte Gainsbourg) und deren zwei Kindern Urlaub einem superteuren Luxushotel oberhalb von Acapulco. Bald wird klar: Die Geschwister sind Erben einer stinkreichen englischen Schlachthofdynastie. Als Alice einen Anruf erhält, dass ihre Mutter im Sterben liegt, reist sie mit ihren Kindern sofort zurück. Am Flughafen gibt Neil vor, seinen Pass im Hotel vergessen zu haben und fliegt nicht mit. Er mietet sich in einem billigen Hotel ein und beginnt ein Verhältnis mit der schönen Mexikanerin Berenice (Iazua Larios), die am Strand Getränke verkauft.

Plötzlich steht Alice wieder neben ihm: Seine Behauptung, sich im Konsulat einen Ersatzpass besorgt zu haben, entpuppt sich als eine glatte Lüge. Er will einfach nicht mehr und überträgt seine Anteile an Alice und ihre Kinder. Der Rest ist ein langes Sterben – denn bei Neil wird Hautkrebs im Endstadium entdeckt. Dass dabei die alltägliche mörderische Gewalt in Mexiko mitschwingt, ist ein zusätzlicher trauriger Aspekt. Und der Schock sitzt tief!

So rigoros hat ein Regisseur eine Verweigerung lange nicht mehr inszeniert. Und Tim Roth ist der perfekte Schauspieler, diese „Anti-Rolle“ umzusetzen. Mit wenigen Gesten zeigt er uns, dass man nicht alles erklären muss. Es gibt Akteure, die ihre Handlungen mit ausladenden Bewegungen bestätigen müssen. Tim Roth ist das genaue Gegenteil: Bei ihm ist alles Reduktion! Der Film endet mit einem leeren Liegestuhl und dem Blick auf den Pazifik. Ein kleiner Film mit einem großen Schauspieler!