Wie schafft es der Regisseur, uns einen Horrorfilm zu zeigen, ohne dass eine einzige Szene mit blutigen Schreckensbildern zu sehen ist? Dem Franko-Kanadier Pascal Plante gelingt es mit seinem Psycho-Thriller RED ROOMS – ZEUGIN DES BÖSEN, eine unglaublich intensive Spannung aufzubauen, die uns das Blut in den Adern gefrieren lässt und wir mit Bauchschmerzen den Kinosaal verlassen. Doch wir haben „nichts“ gesehen…
Eine junge Frau, Kelly-Anne (Juliette Gariépy), liegt eingemummelt und schlafend morgens in einem Hauseingang mitten in Montreal. Sie hat das gemacht, was wir sonst eigentlich nur von Taylor-Swift-Fans kennen: auf der Straße zu übernachten, um eines der begehrten Tickets zu bekommen. Doch hier geht es nicht um eine Konzertkarte – sie will einen der wenigen Plätze im Gerichtsgebäude der Metropole ergattern. Denn heute soll der spektakuläre Prozess gegen den Serienmörder Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos) beginnen. Doch warum ist Kelly-Anne so versessen darauf, dabei zu sein?
Den Prozessbeginn inszeniert der Regisseur Pascal Plante irritierend steril in langen Einstellungen und ruhigen Kamerabewegungen. Der Staatsanwalt verkündet umständlich die Anklageschrift: Ludovic Chevalier, genannt „Der Dämon von Rosemont“, ein unscheinbarer, hagerer und glatzköpfiger Mann um die 40, soll drei minderjährige Mädchen entführt, gefoltert, sexuell missbraucht und getötet haben – und diese Taten auf Videos festgehalten haben, um sie im Darknet an zahlungskräftige Kunden als sogenannte „Snuff“-Filme zu verkaufen.
Gebannt starrt Kelly-Anne den hinter Plexiglas sitzenden Angeklagten an, der sie jedoch keines Blickes würdigt. Die junge Frau lebt in ihrem luxuriösen Penthouse-Apartment über den Dächern von Montreal ein einsames Dasein. Sie arbeitet als Model und verdient das meiste Geld beim Online-Pokern. Den einzigen Kontakt zur Außenwelt bietet ihr die KI-Stimme aus ihrem Computer. Dieses entmenschlichte, anonyme Leben hoch über allem filmt Kameramann Vincent Biron mit berückend kaltem Glanz.
Als am zweiten Prozesstag eines der ominösen Videos gezeigt werden soll, werden die Zuschauer des Saales verweisen. Auch die Kamera! Kurz bevor die Türen zugehen, hören wir einzelne Todesschreie und sehen noch, wie ein Angehöriger eines der Opfer im Saal zusammenbricht.
Im Flur wird Kelly-Anne von dem jungen Mädchen Clementine (Laurie Babin) angesprochen, das sich als ehemaliges Groupie von Ludovic vorstellt. Spontan freunden sie die Frauen an. Da Clementine von auswärts angereist ist, lädt die mondäne Reiche das Mädchen zu sich nach Hause ein. Dort rückt sie nach anfänglichem Zögern mit der Sprache heraus: Sie sei im Besitz des „Snuff“-Videos, dessen Anblick ihnen im Gerichtssaal verwehrt worden war. So sitzen die beiden gebannt vor dem Bildschirm – doch wir Kinozuschauer sehen nichts…
Pascal Plante weiß, wie er uns packen kann. Geschickt spielt er mit unseren Erwartungshaltungen – und beamt uns in den Kopf von Clementine, die sich – wie wir – fragt: Was fasziniert die geheimnisvolle, schöne Kelly-Anne bloß so sehr, dass sie sogar das Video illegal gekauft hat? Ist sie etwa pervers oder psychisch krank? Hier lässt der Regisseur vieles offen. Doch das Ende wird jeden überraschen…
RED ROOMS – ZEUGIN DES BÖSEN ist kein trockenes Gerichtsdrama, kein raffinierter Hacker-Thriller, kein brutales Serienkiller-Inferno, kein erschütterndes Mörder-Psychogramm, keine Studie über eine verlorene Seele mitten in der Stadt. Doch von allem ein bisschen! Dieser Psycho-Thriller zieht uns in einen Sog, aus dem wir auch nach 119 Minuten kaum wieder herausfinden. Hier hat ein Regisseur bewiesen, dass wir sogar (!) im Kino nicht immer der Bilder bedürfen, um die Gewalt in unserer Welt zu begreifen. Das Kino ist zwar ein Medium des Schauens – doch in RED ROOMS – ZEUGIN DES BÖSEN reicht unsere Vorstellungskraft. Wie schön, dass immer wieder franko-kanadische Perlen aus dem Norden des Kontinents Amerika kommen. Dieses verstörende Filmerlebnis ist einer der Höhepunkte des Jahres!
Gemeinsam mit der 24 Bilder Filmagentur verlosen wir 2×2 Freikarten zum Film. Diese sind deutschlandweit in jedem Kino einlösbar, die den Film zeigen. Der Rechtsweg ist wie immer ausgeschlossen. Die Gewinner werden im Anschluss an die Verlosung gezogen und per E-Mail benachrichtigt. Teilnahmeschluss ist der 10.11.2024 um 23:59 Uhr. Alle Daten werden gemäß unserer Datenschutzerklärung ausschließlich zur Benachrichtigung der Gewinner genutzt, zu keinem Zeitpunkt an Dritte weitergegeben und im Anschluss an die Verlosung gelöscht. Wir wünschen viel Glück!
Les Chambres Rouges (Kanada 2023)
119 Minuten
Thriller
Pascal Plante
Pascal Plante
Juliette Gariépy, Laurie Babin, Elisabeth Locas, Natalie Tannous, Pierre Chagnon, Guy Thauvette, Maxwell McCabe Lokos
24 Bilder Film GmbH