In Liebe lassen

20.01.2022

So einen Arzt möchte wohl jeder Kranke haben! Dr. Gabriel Sara spielt den Onkologen Dr. Eddé – und ist im richtigen Leben auch Onkologe, der in New York praktiziert. Er hat in seiner Rolle immer Zeit für seine Patienten, und in seinen wenigen freien Minuten singt er mit den Krankenschwestern bekannte Lieder, die er auf der Gitarre begleitet. Ist diese Idealfigur eines Arztes die Wunschvorstellung der Regisseurin Emmanuelle Bercot, oder gibt des diesen Menschen wirklich? Die Zweifel bleiben. Denn eines ist klar: IN LIEBE LASSEN hat nur ein Thema, so brutal es auch scheinen mag – den Krebs und den Tod!

Der 40-jährige, von seinen Schülern geliebte Schauspiellehrer Benjamin (Benoit Magimel) kann und will sich mit der Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs nicht abfinden und lässt auch seine Mutter Crystal (Catherine Deneuve) nicht an sich heran. Erst als sich die Krankheit nicht mehr verheimlichen lässt und er im Krankenhaus landet, muss er sich der Wahrheit stellen. Dr. Ebbé und seine Assistentin Eugénie (Cecile de France) tun alles, um Benjamin aufzumuntern. Doch er blockt alles ab, seine Mutter bleibt mit ihrer Trauer allein.

Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium – das sind nur wenige Monate. Und die zeigt uns die Regisseurin bis zum bitteren Ende. Eines gibt Dr. Ebbé jedem seiner Patienten mit auf den letzten Weg. Fünf Sätze, die der Todkranke aussprechen muss: „Verzeih mir. Ich verzeihe dir. Ich liebe dich. Danke. Auf Wiedersehen.“ Bis Benjamin so weit ist, ist es aber ein langer Weg.

Zwei Nebenhandlungen hätte sich Emmanuelle Bercot schenken können: Benjamins unehelicher Sohn, den er noch nie gesehen hat, reist aus dem fernen Australien an, traut sich aber nicht ans Krankenbett. Und Eugénie holt Benjamin kurz vor dessen Ende einen runter. So viel Pathos und Kitsch muss nicht sein!

Drei großartige Schauspieler – Catherine Deneuve ist immer noch ein Weltwunder – und ein grandioser Laiendarsteller können nicht darüber hinwegtäuschen: IN LIEBE LASSEN zeigt uns das Idealbild des „schönen Sterbens“, das es wohl so nicht gibt. Immerhin gönnt uns die Regisseurin eine makabre Szene: Als es mit Benjamin zu Ende geht, muss seine Mutter mal kurz auf Toilette. Als sie zurückkommt, ist er tot. Diese geniale Sequenz kann den Film aber nicht retten. Meine grösste Sorge: Wer geht bei diesem Thema – Krebs und Tod – ins Kino?

Trailer

ab6

Originaltitel

De son vivant (Frankreich 2021)

Länge

122 Minuten

Genre

Drama

Regie

Emmanuelle Bercot

Drehbuch

Emmanuelle Bercot, Marcia Romano

Darsteller

Catherine Deneuve, Benoit Magimel, Dr. Gabriel Sara, Cecile de France, Julie Arnold

Verleih

Studiocanal GmbH

Filmwebsite

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