Eine Nacht in Helsinki

20.01.2022

Die Idee schien verlockend. Mitten in der Corona-Pandemie einen Lockdown-Film zu drehen – mit dem einzigen Inhalt: die Corona-Krise. Der finnische Regisseur Mika Kaurismäki wollte unbedingt den ultimativen Beitrag zu diesem leidigen Thema beisteuern. Doch EINE NACHT IN HELSINKI entpuppt sich leider als ein geschwätziger Dialogfilm, der so völlig anders ist als die Werke von Aki Kaurismäki, dem Bruder von Mika. Bei Aki bekommen die Menschen den Mund nicht auf – er gilt als der geniale Lakoniker des europäischen Kinos -, bei Mika reden sie sich um Kopf und Kragen.

Mitten im ersten Lockdown sitzt der Barbesitzer Heikki (Pertti Sveholm) am Abend des 1. Mai in seiner Kneipe in Helsinki und verzweifelt an seinem Leben. Er darf keine Gäste empfangen, und den Kanister Benzin hat er auch schon dabei, um am Morgen die Bar abzufackeln. Da begehrt sein Freund, der Arzt Risto (Kari Heiskanen), nach aufreibender Schicht Einlass. Da er kein zahlender Gast ist, darf er rein und bekommt sofort ein Glas von Heikkis bestem Rotwein serviert. Später gesellt sich der undurchsichtige Juhani (Timo Torikka) zu ihnen, der ein düsteres Geheimnis mit sich herumschleppt. Drei Männer und der Alkohol: Das kennen wir schon!

Als eine Horde Jugendlicher die Bar stürmt, droht die Situation zu kippen. Doch nach jeweils einer Flasche Corona-Bier (!) ziehen die jungen Leute wieder von dannen. Aber zu allem Überfluss taucht auch noch Ristos Ehefrau Eeva (Anu Sinisalo) auf, um ihren Mann zu einem Grundsatzgespräch zu provozieren. Das ist alles etwas viel!

Wir spüren, was Mika Kaurismäki im Sinn hatte: die schlimmste Krise der vergangenen Jahre auf eine „Nacht in Helsinki“ zu komprimieren. Doch es funktioniert nicht. Das Problem ist: Irgendwann hören wir bei den belanglosen Bargesprächen nicht mehr hin. Wie langweilig der monatelange Lockdown für uns alle war, wissen wir aus eigener Erfahrung. Dafür müssen wir nicht ins Kino gehen. Nach der kurzen Nacht – in Helsinki wird es im Mai früh hell – verlässt das Arzt-Ehepaar gemeinsam die Bar, und Heikki verzichtet wohl auf das Abfackeln.

Der Versuch von Mika Kaurismäki ist bewundernswert, aber das Ergebnis wirkt eher bescheiden. Gerade noch Durchschnitt!

Trailer

FSK noch unbekannt

Originaltitel

Yö Armahtaa / Gracious Night (Finnland 2020)

Länge

90 Minuten

Genre

Drama

Regie

Mika Kaurismäki

Drehbuch

Mika Kaurismäki, Sami Keski-Vähälä

Darsteller

Kari Heiskanen, Pertti Sveholm, Timo Torikka, Anu Sinisalu

Verleih

Arsenal Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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