Human Flowers of Flesh

02.02.2023

Es gibt Filme, die sich dem Zuschauer sofort öffnen, aber auch Werke, die sich dem Betrachter erst nach Tagen erschließen. Und manchmal passiert auch danach rein gar nichts. So ging es mir nach der Sichtung von HUMAN FLOWERS OF FLESH der deutschen Regisseurin Helena Wittmann, die hier auch für das Drehbuch, die Kamera und den Schnitt sorgte.

Auch mir war sofort klar, was Helena Wittmann mit ihrem Film beabsichtigte: eine poetische Meditation über das Wasser und über den besonderen Lebensrhythmus auf hoher See. Diese Bilder reichert die Regisseurin mit ungewöhnlichen visuellen Sequenzen aus dem Avantgarde-Kino an.

Die Griechin Ida (Angeliki Papoulia) schippert auf ihrem Zweimaster mit einer fünfköpfigen international zusammengewürfelten Crew übers Mittelmeer – immer auf der Suche nach dem Besonderen. In Marseille trifft sie auf die verschworene Gemeinschaft der Fremdenlegion, auf Männer, die niemanden an sich heranlassen.

Die Geschichte dieser Elite-Soldaten macht Ida zu ihrem neuen Thema – bei ihrer Reise über Korsika bis nach Algier. In einem Café trifft sie dort auf den ehemaligen Legionär Galoup (Denis Lavant). Sie verfolgt ihn bis in seine Wohnung, wo er sie zu Rühreiern einlädt. Idas Kommentar: „Es gibt noch viele von euch.“ Galoups trockene Antwort: „Ja, es gibt noch viele von uns!“ Diese Szene ist eine deutliche Anspielung an „Der Fremdenlegionär“ („Beau Travail“), einem der besten Filme der Französin Claire Denis. Mehr als 20 Jahre nach dem Original spielt der gealterte Denis Lavant seine Rolle als Galoup noch einmal. Eine besondere Pointe!

Helena Wittmann verweigert sich in HUMAN FLOWERS OF FLESH konsequent dem narrativen Kino. In diesem extrem dialogarmen Film sehen wir immer wieder das Blau und die Wellen des Mittelmeeres, die neben dem Schiff badende Ida, Besatzungsmitglieder, die Gedichte und Romanausschnitte rezitieren, die Crew mit Wanderstiefeln bei einem Landausflug. Manchmal hat man das Gefühl: Helena Wittmann hat uns nichts zu erzählen. Nein, sie will es nur nicht!

Zwischendurch gibt es traumhaft schöne Bilder aus dem Wasser – einmal sogar rätselhafte Mikroorganismen in Großaufnahme. Und am Schluss wechselt die Regisseurin das Element: Der Film endet in der Wüste der Sahara.

Fazit: Helena Wittmann und ihre Hauptrolle Ida sind hier auf Sinnsuche. Zu dumm, dass sich dieser Sinn nicht jedem Kinozuschauer erschließt. Trotz der wunderschönen Bilder, die leider oft zum Selbstzweck geraten.

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab6

Originaltitel

Human Flowers of Flesh (Deutschland / Frankreich 2022)

Länge

106 Minuten

Genre

Drama / Experimental

Regie

Helena Wittmann

Drehbuch

Helena Wittmann

Darsteller

Angeliki Papoulia, Vladimir Vulevic, Ferhat Mouhali, Gustavo de Mattos Jahn, Mauro Soares, Steffen Danek, Ingo Martens, Nina Villanova, Denis Lavant

Verleih

Grandfilm GmbH

Filmwebsite

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