Himbeeren mit Senf

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Liebe verleiht Flügel – das darf man in diesem Fall ruhig glauben! Mit der Komödie HIMBEEREN MIT SENF von Ruth Olshan kommt jetzt ein unglaublich intelligenter Jugendfilm in die Kinos, der sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen als Zuschauer ernst nimmt.

Eine Kleinstadt irgendwo im katholischen Deutschland: Die 13-jährige Meeri (Leni Deschner) ist frisch verliebt – in Rocco (Jonas Kaufmann). Der traut sich leider nicht, ihr zu verraten, dass er ihre Gefühle nicht erwidert. Obwohl seine Großmutter Grete (Inge Maux) ihm immer wieder Mut zuspricht, die Wahrheit zu sagen. Unterdessen wird Meeris kleiner Bruder Luk (Benedikt Jenke) von einer Kleinstadt-Gang gepiesackt, und ihr alleinerziehender Vater Ernst (Luc Schiltz) verabredet ein Date nach dem anderen. Doch als die Frauen von seinem Beruf erfahren, nehmen sie Reißaus: Er ist Bestatter.

Vor Jahren hatte Meeri ihr Mutter verloren. Um in Kontakt mit ihr zu bleiben, steckt sie jeder Leiche, die ihr Vater im Keller präpariert, einen an sie geschriebenen Brief heimlich zu, ehe der Sarg geschlossen wird. Vielleicht gibt es ja einen Postversand im Totenreich? Das ist schon Magie genug. Doch dann lernt die frisch Verliebte das Fliegen und macht die Luft über der Kleinstadt unsicher. Aber von diesem Geheimnis wissen nur ihr Bruder, ihr Vater und ihre beste Freundin Klara (Sophie Zeniti), die unbedingt Priesterin werden will – als Katholikin?

Plötzlich ist auch Grete tot, und Roccos jüngerer Bruder Matti (Ben Bernar) traut sich endlich, Meeri seine Liebe zu gestehen. Und Ernst hat mit der hochschwangeren Charlotte (Fabienne Hollwege) endlich die (zweite) Frau seines Lebens gefunden. Da muss Meeri feststellen, dass sie nicht mehr fliegen kann…

Das Drehbuch von Heike Fink und Ruth Olshan hätte auch von Nobelpreisträger Gabriel García Márquez entworfen sein können. Hier trifft sein Magischer Realismus auf die warmherzige Komödie einer Jugendliebe. Ruth Olshan hat die unglaubliche Geschichte feinfühlig inszeniert – mit einem sympathischen Jugend-Cast an ihrer Seite. Auch die Tricktechnik mit der fliegenden Meeri ist wohltuend unaufdringlich umgesetzt. Hier stimmt alles! Bis auf eines: Wer isst schon gern Himbeeren mit Senf?