Fragil

Autor: Michael Spangenberg

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Auf den ersten Blick hat Emma Benestan mit FRAGIL nur eine weitere RomCom gedreht. Doch weit gefehlt, denn die französisch-algerische Regisseurin hat kurzerhand die Vorzeichen geändert: Hier dürfen Männer weinen…

Az (Yasin Houicha) ist Austernzüchter in einer französischen Hafenstadt und kennt sich mit den Muscheltieren perfekt aus. Kein Wunder also, dass er bei einem Essen mit seiner Freundin Jess (Tiphaine Daviot) genau in einer Auster einen Ring für seinen Heiratsantrag versteckt. Doch Jess sagt nicht „Ja“, stattdessen beendet sie die Beziehung. Az ist am Boden zerstört, doch seine Freunde sind für ihn da, und versuchen ihn wieder aufzubauen. Um Jess zurückzugewinnen lernt Az sogar Tanzen…

Mit ihrem erfrischenden Blick auf das alteingesessene RomCom-Genre legt Benestan in der Tat eine kleine Perle an den Tag – um einmal in der Metapherwelt der Austern zu bleiben. Dass hier einmal der Mann verlassen wird, ist zwar in der heutigen Zeit zum Glück nicht mehr ungewöhnlich, aber dass er dabei heulend im Bett liegen darf, ist durchaus Neuland.

Dass Benestan sich für genau dieses Thema der Welt der Austernzüchter zugewandt hat, kommt nicht von ungefähr, denn Austern sind Hermaphroditen, also zweigeschlechtlich. Und genau wie Austern sich entscheiden können, entweder männlich oder weiblich zu sein, zeigt sie mit FRAGIL, dass auch Liebeskummer kein Geschlecht und keine Gattung hat. Und dass Männer darauf genau so reagieren können, wie Frauen.

Sicherlich ist FRAGIL an einigen Stellen durchaus vorhersehbar und wenn man sich in der Welt der RomComs auskennt, dann weiß man in etwa, wohin sich die Geschichte entwickeln wird. Aber es ist trotzdem verdammt angenehm, dass es in einem Film über französische Jugendliche algerischer Abstammung einmal nicht um Integration und deren Probleme geht, sondern einzig und allein um die Zwischenmenschlichkeit.

Dass Emma Benestan all das bereits mit ihrem Langfilm-Debüt gelingt, ist extrem wohltuend. Ich bin mir sicher, dass ihr zweiter Film nicht lange auf sich warten lässt. Aber bis dahin genießen wir einfach diese umgekehrte RomCom in vollen Zügen.

Trailer