Die wundersame Welt des Louis Wain

21.04.2022

Wir Deutschen haben ein Problem: Niemand hier kennt Louis Wain. Doch in Großbritannien ist der 1860 geborene Künstler eine Institution – als DER Mann, der die Katzen malte. In seinem märchenhaften Film DIE WUNDERSAME WELT DES LOUIS WAIN erzählt Regisseur Will Shape die skurrile Geschichte des eigenbrötlerischen Sonderlings, der damals die englische Kunstszene aufmischte. Shape ist offensichtlich ein Fan des französischen Meisterwerks „Die fabelhafte Welt der Amélie“ (2001), und das sieht man seinem auch Film an: genauso verspielt, genauso bunt, genauso bizarr. Warum auch nicht?

Der exzentrische Zeichner Louis Wain (herrlich schusselig: Benedict Cumberbatch) lebt Ende des 19. Jahrhunderts zusammen mit seiner Mutter und seinen fünf stressigen Schwestern in einem turbulenten Londoner Haushalt. Um die Familie zu ernähren, verdingt sich Wain als Illustrator bei der angesehenen „Illustrated London News“, dessen Chefredakteur (Toby Jones) einen Narren an ihm gefressen hat. Als er für die Weihnachtsausgabe eine Doppelseite mit urkomischen Katzenbildern präsentiert und die Ausgabe eine Sensation wird, ist sein Einkommen gesichert. Privat knüpft der schüchterne Wain zarte Bande zur Gouvernante seiner Schwestern, Emily (Claire Foy). Doch auf die glückliche junge Ehe fällt nach kurzer Zeit ein Schatten: Bei Emily wird Brustkrebs diagnostiziert, und wir Zuschauer erleben ein langes, qualvolles Sterben.

Will Shapes im inzwischen wieder modischen 4:3-Format gedrehtes Melodram hat ein Problem: Die Proportionen stimmen nicht. Die Sterbe-Sequenz wird endlos ausgewalzt, der Rest der Karriere von Louis Wain folgt eher episodenhaft – bis hin zu seinem Aufenthalt als alter Mann in der Psychiatrie. Wenn man in einem Biopic ein ganzes, langes Leben nachbilden will, kann das dem Film-Rhythmus schaden. So auch hier.

Der Regisseur kennt sich in der Filmgeschichte aus. Diese Mischung aus Zitaten und Pseudo-Zitaten ist ein Fest fürs Auge – dabei ist der Kitsch oft nicht allzu fern. Stilsicher vermengt Will Shape Genres und Motive – das Ganze wirkt wie ein bunter Zauberkasten. Aber auch wie eine nicht ganz geglückte Kopie. Claire Foy und Benedict Cumberbatch spielen toll. Doch das reicht nicht.

Trailer

ab12

Originaltitel

The Electrical Life of Louis Wain (Großbritannien 2020)

Länge

111 Minuten

Genre

Biographie / Drama

Regie

Will Sharpe

Drehbuch

Simon Stephenson, Will Sharpe

Darsteller

Benedict Cumberbatch, Claire Foy, Andrea Riseborough, Toby Jones, Sharon Rooney, Aimee Lou Wood, Hayley Squires, Stacy Martin, Phoebe Nicholls, Nick Cave, Olivia Colman

Verleih

Studiocanal GmbH

Filmwebsite

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