Mit ganz viel Liebe zum Detail entführt uns DIE LEGENDE VON OCHI auf eine entlegene Insel, auf der mysteriöse Kreaturen leben. Doch sind diese wirklich so gefährlich wie die Einheimischen sagen?
Yuri (Helena Zengel) lebt mit ihrem Vater (Willem Dafoe) auf der abgelegenen Insel Carpathia. Schon lange erzählen die Einheimischen Geschichten von geheimnisvollen Wesen, vor denen man sich unbedingt in Acht nehmen muss. Doch stimmen all die Geschichten, die man sich über dieses Kreaturen erzählt? Als die eigensinnige Yuri bei ihren Streifzügen durch die Wälder auf ein verlassenes Ochi-Baby trifft, nimmt sie es kurzerhand mit nach Hause. Schon am darauffolgenden Tag macht sie sich auf den Weg, um das Kleine zurück zu ihrer Mutter zu bringen – und erlebt dabei das Abenteuer ihres Lebens.
Helena Zengel hat schon eine eindrucksvolle Karriere hingelegt. Nach dem sensationellen Erfolg von „Systemsprenger“ (2019) ging es für die damals Elfjährige steil bergauf. Sie durfte mit Tom Hanks in „News of the World“ (2020) spielen, jetzt hier mit Willem Dafoe und außerdem in Pia Marais‘ „Transamazonia“, der direkt zwei Wochen später in unsere Kinos kommt. Das ist alles ziemlich beeindruckend.
In DIE LEGENDE VON OCHI darf sich Zengel jetzt von ihrer abenteuerlichen Seite zeigen. Ihre Freundschaft mit dem kleinen Ochi-Baby ist durchaus etwas Besonderes, aber das liegt auch an der handwerklichen Herangehensweise des Regisseurs Isaiah Saxon, der auch das Drehbuch verfasst hat. Zwar kommen auch hier CGI-Effekte zum Einsatz, das Ochi-Baby ist aber eine echte Puppe, die von mehreren Puppenspielern in Blue-Screen-Anzügen gespielt wird. „Es gibt eine Magie im Puppenspiel, die tief in unser Unbewusstes zurückreicht, wie Schatten an der Höhlenwand“, sagt Saxon. „Selbst wenn man der Marionette zusieht, wie sie vom Puppenspieler gesteuert wird, akzeptiert man sie als lebendiges Wesen.“ Also ließ er auch die ausgewachsenen Ochis von drei Hauptdarstellern übernehmen, die die Szenen in physischen Kostümen mit Hilfe von Gliedmaßen-Verlängerungen spielen. Das alles macht den Film zu etwas Magischem, wie wir es in diesem Genre schon lange nicht mehr gesehen haben. Kaum zu glauben, dass Saxon das mit einem Budget von gerade mal 10 Millionen US-Dollar hinbekommen hat.
Gedreht wurde DIE LEGEND VON OCHI übrigens in Rumänien. In den abgelegenen Gebieten der Karpaten in Transsylvanien fand er ideale Bedingungen vor. „Dort sind die intaktesten Urwälder in ganz Europa, in denen Bären, Luchse und Wölfe zu Hause sind. Es ist wie eine Zeitreise“, so Saxon. Dazu kommt ein lebendiger Look, den der Kameramann Evan Prosofsky durch die Auswahl ganz besonderer Objektive geschaffen hat. Gemeinsam mit dem Regisseur probierte Prosofsky über ein Jahr lang diverse Kameraobjektive aus, bis die beiden sich für einen Satz originaler Baltars aus den 1930er-Jahren entschieden, die ersten Objektive, die jemals in den USA hergestellt wurden und für Klassiker wie „Casablanca“ verwendet wurden. Also kaufte sich Prosofsky einen Satz dieser Objektive, ließ sie aufarbeiten und in moderne Gehäuse einbauen.
Für den Hintergrund kamen in der Postproduktion zudem sogenannte „Matte Paintings“ zum Einsatz. „Im Grunde genommen nimmt man Fotos und schneidet sie zu einer Collage zusammen“, erklärt der Regisseur. „Damit sie zusammenwachsen, malt man in Photoshop über das Bild. Ich spiele mit diesem Verfahren seit ich 13 bin. Es spielte eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung dieser Filmwelt und seiner besonderen Ästhetik.“ Doch weil es sich Saxon nicht leisten konnte, dafür jemanden einzustellen und zu bezahlen, hat er selbst etwa 200 Matte Paintings für den Film hergestellt.
All das macht DIE LEGENDE VON OCHI zu einem durchaus besonderen Film. Die eigentliche Geschichte hingegen bietet dem versierten Fantasy-Fan hingegen nicht wirklich etwas Neues. Dafür hat man die Story so oder so ähnlich bereits etliche Male auf der großen Leinwand gesehen. Doch das gerät ins Hintertreffen, sobald man sich als Zuschauer von der Optik, der Kameraarbeit, dem Setdesign und den märchenhaften Figuren hat einfangen lassen. Und so bleibt am Ende vielleicht kein ganzheitliches Meisterwerk übrig, aber immerhin ein sehenswertes Stück Fantasy.
The Legend of Ochi (USA 2025)
96 Minuten
Abenteuer / Familie / Fantasy
Isaiah Saxon
Isaiah Saxon
Evan Prosofsky
Helena Zengel, Willem Dafoe, Emily Watson, Finn Wolfhard, Răzvan Stoica, Carol Borș, Andrei Antoniu Anghel, David Andrei Bălțatu, Eduard Oancea, Tomas Otto Ghela, Eduard Ionut Cucu
Paul Manalatos (Stimme Ochi)
Plaion Pictures GmbH