Kaum jemand hätte gedacht, dass dieser Film nach den tragischen Ereignissen am Set jemals in die Kinos kommen würde, doch jetzt ist es soweit. Dabei entpuppt sich RUST – LEGENDE DES WESTENS als solider Western mit traumhaften Bildern.
Nach einem tragischen Unfall soll der gerade einmal 13 Jahre alte Lucas Hollister (Patrick Scott McDermott) am Galgen gehängt werden. Doch plötzlich taucht der jahrelang in der Versenkung verschwundene Harland Rust (Alec Baldwin) auf und eilt ihm zur Hilfe. Doch damit nicht genug: Der berüchtigte Gesetzlose entpuppt sich als Großvater des Jungen, der von diesem zuvor noch nie etwas gehört hatte. Doch Rusts Rückkehr schlägt immense Wellen, und fortan befinden sich die beiden auf der Flucht, immer dicht gefolgt vom Kopfgeldjäger Fenton „Preacher“ Lang (Travis Fimmel), der Rust schon länger auf der Spur ist. Immer mehr Leute machen sich auf die Suche nach den Flüchtigen, schließlich lockt eine stattliche Belohnung. Währenddessen müssen sich Rust und Lucas, die unterschiedlicher nicht sein könnten, zusammenraufen, um ihren Verfolgern zu entkommen. Dabei kommt langsam aber sicher die gesamte Vergangenheit ans Licht…
Es war der 21. Oktober 2021, als sich auf dem Gelände der Bonanza Creek Ranch in Bonanza City im US-Bundesstaat New Mexico eine Tragödie ereignete. Aus bis heute ungeklärten Gründen enthielt die Waffe, die Alec Baldwin im Film benutzte, keine Platzpatronen sondern echte Munition. Dies führte dazu, dass beim Abfeuern die Kamerafrau Halyna Hutchins erschossen sowie der Regisseur Joel Souza verletzt wurden. Was folgte, war ein (logischer) Abbruch der Dreharbeiten, eine polizeiliche Untersuchung, sowie diverse Prozesse. Baldwin wurde letztendlich freigesprochen, die Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Am Ende konnte die Schuldfrage jedoch nie abschließend geklärt werden. Fast genau ein Jahr später wurde bekannt, dass man die Dreharbeiten am Film im Januar 2023 wieder aufnehmen werde. Matthew Hutchins übernahm dabei die Rolle des ausführenden Produzenten, um den letzten Film seiner verstorbenen Frau zu einem Abschluss bringen zu können. Bianca Kline nahm auf Wunsch von Hutchins die Rolle der Kamerafrau ein.
Für Alec Baldwin war RUST – LEGENDE DES WESTENS schon vorher ein absolutes Herzensprojekt. Entstanden ist die Idee, als Regisseur Joel Souza, dessen Film „Crown Vic“ Baldwin 2021 produziert hatte, auf einen Artikel stieß, in dem es darum ging, wer der jüngste Mensch im Wilden Westen war, der am Galgen starb. Der jetzige Film hat mit diesem 13-jährigen Jungen zwar nichts mehr zu tun, aber darauf basiert letztendlich das Drehbuch von Souza. Alec Baldwin stieg als Produzent ein und übernahm die Hauptrolle.
Der Film selbst entpuppt sich als klassisches Western-Drama. Zwei Menschen auf der Flucht vor dem Gesetz, verfolgt von jeder Menge Kopfgeldjäger. Das ist jetzt keine grundlegend neue Idee, aber das ist ja nicht unbedingt verkehrt. Allerdings lässt sich RUST – LEGENDE DES WESTENS mitunter ein wenig zu viel Zeit. Eine Kürzung um eine halbe Stunde hätte dem Film sicher nicht geschadet – 140 Minuten sind für die Geschichte dann doch ein wenig zu lang.
Im Gegenzug macht RUST – LEGENDE DES WESTENS aber gleich zu Beginn klar, dass die Kinematographie hier einen besonderen Stellenwert einnimmt. Die Aufnahmen der Landschaften, aber auch die Kameraführung an sich ist wirklich bemerkenswert. Zwar kamen mir einige Szenen in unserer Pressevorführung ein wenig zu dunkel vor, aber besonders das Spiel mit Licht und Schatten ist mir im Gedächtnis geblieben. Natürlich es nicht ersichtlich, welche Szenen von Halyna Hutchins stammen und welche Bianca Kline beigesteuert hat, ein Bruch ist jedoch überhaupt nicht zu erkennen. Vielmehr legen die wunderbaren Bilder eine gewisse Art von Trauer über den Film, eine solch grandiose Kamerafrau verloren zu haben.
Joel Souza hatte sich eigentlich nicht vorstellen können, jemals ans Set des Films zurückzukehren, doch die Bitte von Hutchins` Hinterbliebenen konnte er nicht ablehnen. Und so stellte er den Film in erster Linie für sie fertig, um das Andenken an Halyna Hutchins zu bewahren. Die Szene, in der der tödliche Schuss fiel, ist nicht mehr im Film, Souza schrieb daher einen Teil des Drehbuchs um, auch weil einige Darsteller für die zweiten Dreharbeiten nicht mehr zur Verfügung standen.
Ohne die tragischen Ereignisse hätte RUST – LEGENDE DES WESTENS vielleicht niemals die aktuelle Aufmerksamkeit bekommen, daher bleibt es jedem selbst überlassen, ob er oder sie diesen Film sehen möchte. Irgendwann hätte sich die überragende Arbeit von Halyna Hutchins aber herumgesprochen, davon bin ich zutiefst überzeugt. So ist der Film in jedem Fall das Lösen eines Kinotickets wert.
Rust (USA 2025)
140 Minuten
Western
Joel Souza
Joel Souza
Halyna Hutchins, Bianca Kline
Alec Baldwin, Josh Hopkins, Travis Fimmel, Patrick Scott McDermott, Todd Bryant
Splendid Film GmbH