In einer Welt, in der die Reichen immer reicher werden, müssen wir uns entscheiden, ob wir das als Gesellschaft stillschweigend hinnehmen wollen –MUXMÄUSCHENSTILLx zeigt uns dazu als eine Art Mockumentary ein paar äußerst kluge Ansätze…
Nach 21 Jahren erwacht Mux (Jan Henrik Stahlberg) aus dem Wachkoma. Hat sich die Welt in der Zwischenzeit zu einer besseren entwickelt? Klare Antwort: Nein! Also macht sich der selbsternannte Revolutionär und Weltverbesserer auf den Weg, um für einen Wandel zu sorgen. Mit seinem Muxismus will er fortan für mehr Gerechtigkeit sorgen und macht sich mit seinem Langzeitpfleger Karsten (Tilman Vellguth) auf, um die Gesellschaft zu verändern.
2004 kam ein kleiner, aber äußerst feiner Film in die Kinos: „Muxmäuschenstill“, damals noch unter der Regie von Marcus Mittermeier. Mit einem minimalen Budget von gerade einmal 40.000 Euro stellten sie ein Werk auf die Beine, das sich auf satirische Art und Weise mit gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzt. Besonders groß war der Ruf nach mehr Eigenverantwortung. Und so schikanierte der damalige Mux Falschparker und Schwimmbadpinkler, was für ordentlich Lacher sorgte. Der Film schlug ein wie eine Bombe und wurde mit Preisen überhäuft.
Heute jedoch liegen die Probleme an ganz anderer Stelle. Die Reichen werden immer reicher, manch Vollzeitjobber kann von seinem Gehalt nicht (mehr) leben, und die Politik schaut lächelnd zu und schweigt. Zeit also für eine Neuaufnahme des Muxismus-Projekts, dachte sich Jan Henrik Stahlberg, der auch hier wieder das Drehbuch schrieb, zusätzlich aber auch die Regie übernahm.
MUXMÄUSCHENSTILLx beginnt gleich mit einem cleveren Schachzug. Man habe ihnen geraten, besonders in der heutigen Zeit doch lieber gleich einen Disclaimer abzusetzen, dass es sich bei dem Film um eine Satire handelt, so eine zu Beginn eingeblendete Tafel, gefolgt von „Disclaimer: Dies ist eine Satire“. Bei der Premiere auf dem Filmfest München sorgte das gleich in den ersten Minuten für herzhafte Lacher. Das Clevere daran: Menschen, die bei Gesellschaftskritik gleich den Kopf zumachen und Begriffe wie „linksgrünversifft“ rufen, werden ausgetrickst. Genial!
Was folgt ist ein Spektrum, das von anarchisch bis wohl durchdacht sämtliche Register zieht. Doch Stahlberg und sein Team machen verdammt viel richtig. Statt nur zu sagen, was in der Gesellschaft falsch läuft und zu mehr und mehr Spaltung führt, zeigt MUXMÄUSCHENSTILLx Ansätze, die Auswege aus dieser Situation bieten können. Wie zum Beispiel „Solidarjobs“. Und wer wissen möchte, was es damit auf sich hat, der sucht am besten gleich den direktesten Weg ins nächste Kino.
Doch damit nicht genug: MUXMÄUSCHENSTILLX unterfüttert seine Thesen mit etlichen Zahlen und Fakten, die allesamt nachweislich überprüfbar sind. Der Film bringt also seinen eigenen Faktencheck gleich mit. Beim Filmfest München wurden nach dem Film auch kleine Heftchen verteilt, in denen noch mal alle Fakten zusammengefasst wurden. Ich hoffe inständig, dass diese auch zum Kinostart in den Lichtspieltheatern ausliegen werden. „Das Manifest des Muxismus“, so der Name des Druckwerk, das stark an die kleinen Literaturklassiker aus dem Reclam-Verlag erinnert, gibt zusammenfassend zu verstehen: „Der Muxismus hält die Verteilung von Wohlstand sowie politischer Macht in Europa und der Welt für zutiefst ungerecht. Es geht um eine gleichere Gesellschaft, in der alle, egal ob wohlhabend oder nicht, sich nicht mehr allein durch über ihren Status definieren, sondern über das soziale Miteinander. Der Muxismus sagt dem Neoliberalismus den Kampf an.“
Ja, an manchen Stellen übertreibt es MUXMÄUSCHENSTILLX ein wenig und schlägt für meine Begriffe ein wenig zu stark über die Stränge, aber das hat mich tatsächlich nur kurzzeitig gestört. Der Film ist sicherlich nicht perfekt, aber er macht viel zu viel richtig, um darüber hinwegschauen zu können. Die Brisanz des Themas, vor allem aber die Herangehensweise, hat dann auch dazu geführt, dass MUXMÄUSCHENSTILLX unser Film der Woche wurde.
Ich bitte daher inständig alle unsere Leser, sich diesen so unfassbar wichtigen Film anzuschauen. Und wenn jemand zum Thema gesellschaftliche Ungerechtigkeit eine andere Meinung haben sollte, dann ist das vollkommen in Ordnung. Schließlich ist das hier alles nur Satire. Oder etwa doch nicht…?
MuxmäuschenstillX (Deutschland 2024)
103 Minuten
Komödie / Drama
Jan Henrik Stahlberg
Jan Henrik Stahlberg
Ralf Noack, Philip Jestädt, Carolin Hauke
Jan Henrik Stahlberg, Tilman Vellguth, Bettina Hoppe, Sophie Roeder
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