Das Thema ist wichtig genug – das viel zu kurze Leben des deutschen Theologen und Widerständlers Dietrich Bonhoeffer (1906-1945). Doch Vorsicht: Was sich der US-amerikanische Regisseur Todd Komarnicki mit seinem Biopic BONHOEFFER erlaubt hat, ist eine Frechheit. So viel Geschichtsverfälschung in 134 Minuten – kaum zu glauben!
Die Angel Studios, die BONHOEFFER produziert haben, sind bekannt für ihre extrem christlich geprägten Filme aus der rechts-evangelikalen Ecke. In den USA heißt der Film bezeichnenderweise „Bonhoeffer: Pastor. Spy. Assassin“ (also: „Bonhoeffer: Pastor. Spion. Attentäter“), und auf dem dort veröffentlichten Filmplakat hält der Theologe eine Pistole in der Hand. Diese obszöne Provokation traute sich der deutsche Verleih dann doch nicht. Immerhin! Denn Dietrich Bonhoeffer war zwar in engem Kontakt zur Widerstandsgruppe seines Schwagers Hans von Dohnanyi (übrigens dem Vater des Hamburger Ex-Bürgermeisters Klaus und Großvater des Schauspielers Justus) – doch alles blieb für ihn im Rahmen eines gewaltfreien Widerstands.
Genau das verfälscht der US-Film! Will Regisseur Todd Komarnicki, der auch das Drehbuch schrieb, allen Ernstes im zurzeit stark polarisierten politischen Klima in den USA evangelikale Christen zur Gewalt gegen den Staat verführen. Den Anschein hat es jedenfalls.
Die deutschen Schauspieler Jonas Dassler, August Diehl und Moritz Bleibtreu, die in BONHOEFFER tragende Rollen übernommen hatten, haben sich rechtzeitig vor dem deutschen Kinostart an die Öffentlichkeit gewandt und sich von der politischen Instrumentalisierung ihrer Personen bzw. Rollen distanziert. Offenbar hatten sie zu spät gemerkt, was sie da unterschrieben hatten. Wir Zuschauer haben immerhin die Möglichkeit, den Film zu boykottieren.
Mit nicht immer schlüssigen Zeitsprüngen blättert Todd Komarnicki das Leben Bonhoeffers auf. Als Kind wächst Dietrich (Phileas Heyblom) unter der Obhut seines konservativen Vaters Karl (Moritz Bleibtreu) auf. Nach seinem Theologie-Studium lebt Dietrich (jetzt: Jonas Dassler) in den USA und spielt angeblich in einem New Yorker Jazzclub an der Seite von Louis Armstrong. Wer’s glaubt! Als Privatdozent in Berlin tritt er in Kontakt mit Bischof Marin Niemöller (August Diehl) und leitet ab 1935 ein Predigerseminar bei Stettin. Bereits ab April 1933 nimmt er öffentlich Stellung gegen die nationalsozialistische Judenverfolgung und engagiert sich in der Widerstandsgruppe seines Schwagers Hans (Flula Borg). Wegen angeblicher Beteiligung am Attentat vom 20. Juli 1944 wird Dietrich am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet – und nicht vor einem einsam gelegenen Haus in Schönberg, wie der Film behauptet.
Hier stimmt nichts! Viel schlimmer: Hier wurden großartige deutsche Schauspieler regelrecht verheizt. Traurig!
Bonhoeffer: Pastor. Spy. Assassin. (Irland / Belgien 2024)
134 Minuten
Historie / Spionage / Biographie
Todd Komarnicki
Todd Komarnicki
John Mathieson
Jonas Dassler, August Diehl, Moritz Bleibtreu, Nadine Heidenreich, Flula Borg
Kinostar Filmverleih GmbH