The Tragedy of Macbeth

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Nach langer Zeit hat US-Regisseur Joel Coen („Fargo“, „No Country For Old Men“) mal wieder einen Film ohne seinen Bruder Ethan gedreht. Dem fertigen Werk merkt man seine tiefe Verehrung für einen großen Kollegen an: THE TRAGEDY OF MACBETH ist eine unübersehbare Hommage an Orson Welles, der schon 1948 eine kongeniale Version der düstersten und kürzesten Tragödie von William Shakespeare vorgelegt hatte. Auch die drei späteren berühmten Verfilmungen – allesamt grandios – konnten dem Meisterregisseur nicht ganz das Wasser reichen: weder Akira Kurosawa („Das Schloss im Spinnwebwald“), Roman Polanski oder Justin Kurzel (mit Michael Fassbender und Marion Cotillard in den Hauptrollen). Mit diesem Drama hatte Shakespeare ein unsterbliches Werk hinterlassen, das auf sensationelle Weise Macht, Gier, Aberglaube und Mord vereinte. Ein Fest für jeden Regisseur!

Coen benutzte ganz bewusst den Originaltitel Shakespeares und wählte den gleichen Ansatz wie Welles: in schwarz-weiß komplett im Studio gedreht – und vor allem extrem künstlich. THE TRAGEDY OF MACBETH ist eben nicht nur Kino, sondern auch Theater. Coen hat die Sprache Shakespeares nur leicht modernisiert und kaum gekürzt – das ist alles sehr authentisch. Wer damit nicht klar kommt, hat vor der Leinwand oder dem Bildschirm nichts zu suchen. Sorry!

Macbeth (Denzel Washington) wird von drei Hexen (kurios genug: alle drei werden von Kathryn Hunter gespielt) geweissagt, dass er der nächste Thane of Cawdor und danach der neue König von Schottland wird. Als sich die erste Vorhersage erfüllt, beschließen Macbeth und seine ehrgeizige, machtbesessene Frau (Frances McDormand), König Duncan (Brendan Gleeson), der sich zurzeit in ihrem Schloss aufhält, zu ermorden. Macbeth wird der neue König von Schottland – doch sein Gewissen regt sich und Lady Macbeth wird wahnsinnig. Nur gut, dass die Hexen prophezeit haben, dass er erst stirbt, wenn sich der Wald von Birnam seinem Schloss nähert und sein Nachfolger von keiner Frau geboren wurde. (An Soldaten mit Zweigen und den Kaiserschnitt hatte nicht einmal Macbeth gedacht. Dumm gelaufen!)

Denzel Washington und Coen-Ehefrau Frances McDormand (schon drei Oscars!) spielen sensationell gut – doch der eigentliche Star des Films ist Kameramann Bruno Delbonnel. Wie er und Joel Coen den theatralischen Charakter der Inszenierung nie verleugnen und trotzdem Bild für Bild ein visuelles Universum erzeugen, ist einfach atemberaubend. Jedes Standbild der genialen Tableaus von Delbonnel hätte Platz in einer Fotoausstellung. Das ist nicht L’art pour l’art, sondern ein Fest fürs Auge. Ganz zu schweigen von den Worten William Shakespeares!