The Princess

30.06.2022

Am 1. Juli wäre sie 61 Jahre alt geworden: Diana, Princess of Wales. Nach der erfolgreichen TV-Serie „The Crown“, die der Prinzessin sehr viel Platz einräumt, und dem eigenwilligen Biopic „Spencer“ von Pablo Larrain mit Kristen Stewart in der Hauptrolle, der sich ganz auf ein denkwürdiges „Horror“-Weihnachtsfest im Kreis der königlichen Familie konzentriert, wählte der Dokumentarfilmer Ed Perkins in THE PRINCESS einen völlig neuen, ungewöhnlichen Ansatz. Für seinen Film benutzte er ausschließlich Archivmaterial, das er ohne erklärenden Begleitkommentar zu einem schlüssigen Ganzen verband. Bilder und Töne sprechen hier für sich.

Wer glaubt, alles über das Leben und Sterben von Diana Frances Spencer, der späteren Prinzessin von Wales, zu wissen, wird im Kino überrascht. THE PRINCESS ist ein unglaublich spannender und anrührender Dokumentarfilm über eine unglückliche Frau, die an der Hartherzigkeit einer extrem konservativen Familie zerbrach. Ihr Leben wurde aufgerieben zwischen Einsamkeit und Berühmtheit, ständig verfolgt von aufdringlichen Paparazzi mit ihren Teleobjektiven, die sich keine scheinbar noch so unwichtige Episode ihres Daseins entgehen lassen wollten.

Zu Beginn sehen wir nächtliche, verwackelte Amateur-Videoaufnahmen: Irgend etwas Schreckliches ist in einem Pariser Autotunnel passiert. Nach einer Schwarzblende erleben wir eine scheue 19-Jährige Kindergärtnerin, die sich vor ihrer Londoner Wohnung mit einer Horde britischer Journalisten herumplagen muss. Was ist dran an einer angeblichen Verlobung mit Prinz Charles? Wird sie die neue Königin Großbritanniens? Ihr erstes offizielles Interview an der Seite von Charles gerät noch etwas holperig – doch langsam gewöhnt sie sich an die traditionelle Routine des Königshauses. Es folgt die weltweit live übertragene Traumhochzeit und die Geburt ihres ersten Sohnes William.

Erste Risse zeigen sich auf der so wichtigen Auslandsreise nach Australien, die das Paar mit dem Baby bestreitet: ein Triumph für die blutjunge, strahlend schöne Prinzessin. Die Rollenverteilung wird schnell klar: Diana ist von nun an der Superstar, Charles spielt nur die zweite Geige. Ihre Nervosität lässt allmählich nach, aus dem scheuen Teenager ist eine selbstbewusste Frau geworden, die ihre Medienwirksamkeit gekonnt einsetzt. Anders als die spießige Königsfamilie, die sich am liebsten ständig abschottet, geht sie auf die Menschen zu. Bei ihren vielen Besuchen in Krankenhäusern hat sie für jeden ein offenes Ohr. Man spürt, ihre Freundlichkeit ist nicht gespielt.

Regisseur Ed Perkins findet immer die passenden Bilder, um hinter das Geheimnis dieser Frau zu kommen – einer Mischung aus Trauer, Verletzlichkeit, Trotz und Stolz. Sie war schließlich der am meisten fotografierte Medienstar ihrer Zeit, und diesen Einfluss nutzte sie konsequent aus. Man denke nur an ihren unermüdlichen Einsatz, Landminen weltweit zu verbieten.

Was folgt, ist eine mediale Schlammschlacht: angeblich autorisierte Biografien, offensichtliche Ehebrüche und berüchtigte Fernsehinterviews. Diana muss zugeben, von Beginn an eine Ehe zu dritt geführt zu haben, denn Charles hatte seine intime Beziehung zu Camilla Parker-Bowles nie aufgegeben. Unter uns: Der Prince of Wales kommt in THE PRINCESS nicht gut weg!

Der Rest ist schnell erzählt: Trennung, Scheidung, die Liebe zu ihren beiden Söhnen, das Jet-Set-Leben an der Seite von Dodi Al-Fayed, der tödliche Autounfall in Paris am 31. August 1997, das Blumenmeer vor dem Buckingham Palace, die versagende Königsfamilie, das prunkvolle Begräbnis, die Trauer, die ein ganzes Land erfasst. Wem dabei nicht die Tränen kommen…

Einen begleitenden Kommentar braucht dieser Film nicht – das hatte der Regisseur schnell begriffen. Hier werden wir Zuschauer mit unseren Assoziationen allein gelassen. Eine geniale Idee! Ed Perkins zeigt uns den Prototyp eines Lebens im Medienzeitalter – mit all seinen Höhen und Tiefen. Auch wer sonst einen Bogen um Dokumentarfilme macht, sollte sich THE PRINCESS anschauen. Es lohnt sich!

Trailer

ab12

Originaltitel

The Princess (Großbritannien 2021)

Länge

114 Minuten

Genre

Dokumentation

Regie

Ed Perkins

Verleih

Nordpolaris GbR

Filmwebsite

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