Der Film der Woche

The Fall Guy

30.04.2024

Als Kind habe ich die TV-Serie „Ein Colt für alle Fälle“ geliebt. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an THE FALL GUY mit Ryan Gosling und Emily Blunt. Und was soll ich sagen: Ich bin schwer begeistert!

Colt Seavers (Ryan Gosling) ist Stuntman. Ihn sprengt man in die Luft, wenn es für die echten Filmstars zu gefährlich wird. Oder man schießt auf ihn. Oder man wirft ihn aus großer Höhe aus dem Fenster. Vom Ruhm bekommt er jedoch nur selten etwas ab. Als einer dieser Stunts aus dem Ruder läuft, muss sich Colt verletzungsbedingt aus dem Geschäft zurückziehen. Doch ein Anruf der Produzentin Gail Meyer (Hannah Waddingham) Jahre später genügt, und Colt eilt wieder an ein Filmset – schließlich führt Jody Moreno (Emily Blunt) hier das erste Mal Regie. Das Problem: Einst waren die beiden ein Traumpaar, doch mit der Verletzung brach Colt den Kontakt zu ihr ab. Nicht gerade die besten Voraussetzungen.

Am Set des Sci-Fi-Epos „Metal Storm“ muss Colt dann erfahren, dass der Hauptdarsteller Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson) spurlos verschwunden ist. Jetzt muss er sich neben waghalsigen Stunts auch noch auf die Suche nach einem Filmstar machen, eine Verschwörung aufklären und die Liebe seines Lebens zurückgewinnen. Was soll da schon schiefgehen?

Ab 1983 hatte ich als Zehnjähriger jeden Montag um 17.50 Uhr eine feste Verabredung mit meiner Oma, die damals bei uns im Haus lebte. Wir beide waren nämlich Riesenfans der TV-Serie „Ein Colt für alle Fälle“, im Original THE FALL GUY, und haben nahezu keine einzige Folge im ZDF verpasst. Aber während andere Serien aus den 80er Jahren irgendwann einen Kinofilm bekamen, blieb die Welt des Colt Seavers der großen Leinwand viel zu lange verborgen. Dabei gab es bereits diverse Versuche, den Stoff zu verfilmen: Anfang der 2000er Jahre startete Warner den ersten Versuch, der jedoch im Sande verlief. 2010 schlossen sich dann die Rechteinhaber mit Dreamworks zusammen, zwischenzeitlich waren Martin Campbell als Regisseur und Nicholas Cage als Hauptdarsteller im Gespräch. 2013 machte dann das Gerücht um McG auf dem Regiestuhl und Dwayne Johnson als Colt Seavers die Runde. Der Film wurde sogar beim Toronto International Film Festival potentiellen Investoren vorgestellt. Aber auch diese Blase platzte schlussendlich.

2019 erhielt das Stuntman-Action-Genre dann durch Quentin Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“ neuen Aufwind. Und mit dem ehemaligen Stuntman David Leitch hinter der Kamera nahm das Projekt langsam aber sicher Fahrt auf. Das Ergebnis sehen wir jetzt endlich auf der großen Leinwand.

Wenn man sich die alten Folgen der Serie heute anschaut, dann muss man leider feststellen, dass die Episoden nicht wirklich gut gealtert sind. Gerade die Figur der Jody, seinerzeit gespielt von Heather Thomas, ist hier nicht viel mehr als hübsches Beiwerk – wie leider in unendlich vielen Produktionen aus der Zeit. Und so schwankte meine Erwartung irgendwo zwischen großer Sehnsucht und starker Angst. Würden es Leitch und sein Team schaffen, die Geschichte in die heutige Zeit zu transportieren und vor allem: Würde es sich noch genau so toll anfühlen, wie in meiner Erinnerung?

Vielleicht liegt es an Leitchs eigener Vergangenheit als Stuntman – er war u.a. Brad Pitts Stuntman in „Fight Club“ –, dass sich der Regisseur als die beste Wahl für den Regiestuhl erweist. Zudem hat er bereits mit „Fast & Furious: Hobbs & Shaw“, „Atomic Blonde“, „Bullet Train“ und „Deadpool 2“ bewiesen, dass er Actionfilme perfekt inszenieren kann. Und bei THE FALL GUY macht Leitch einfach mal alles richtig.

Anders als beispielsweise die Leinwand-Premiere der Serie „Das A-Team“ nimmt sich THE FALL GUY überhaupt nicht allzu ernst. Das ist unfassbar erfrischend und man sieht in jeder Einstellung, dass Ryan Gosling und Emily Blunt einen Heidenspaß hatten. Die Gags treffen ins Schwarze und die Stunts sehen einfach sensationell aus.

Die Figuren hat David Leitch zusammen mit seinem Drehbuchautor Drew Pearce nahezu perfekt in die heutige Zeit übertragen. Die Figur der Jody wurde von der bloßen Assistentin zur Regisseurin befördert, was der Geschichte ungeahnten Antrieb gibt. Die Figur des trotteligen Cousins Howie Munson, seinerzeit gespielt von Douglas Barr, wurde sogar vollends gestrichen, aber das fällt nicht weiter auf. Und wenn am Ende auch noch Lee Majors – der originale Colt Seavers – einen Gastauftritt hat, dann rundet das THE FALL GUY perfekt ab.

Eines war für mich nach 127 Minuten völlig klar: Wenn man eine Kult-Serie aus den 80er Jahren in die heutige Zeit transportiert, dann genau so! Ich hatte gut zwei Stunden so viel Spaß, wie bei kaum einem Actionfilm der letzten Jahre. Ja, vielleicht bietet THE FALL GUY nicht wirklich viel Tiefgang – aber wer hätte das bei einer Action-Komödie auch erwartet. Ich kann es jedenfalls kaum erwarten, den Film ein zweites Mal zu sichten. Und ein drittes. Und ein viertes…

Trailer

ab12

Originaltitel

The Fall Guy (USA 2023)

Länge

127 Minuten

Genre

Action / Komödie / Drama

Regie

David Leitch

Drehbuch

Drew Pierce, basierend auf der TV-Serie von Glen A. Larson

Darsteller

Ryan Gosling, Emily Blunt, Aaron Taylor-Johnson, Hannah Waddingham, Teresa Palmer, Stephanie Hsu, Winston Duke, Adam Dunn, Ben Knight, Matuse, Zara Michales, Chris Matheson, Tim Franklin, Jason Momoa, Andy Ryan, David Collins, Ioane Sa’ula, Beth Champion, Ben Gerrard, Megan O’connell, Lee Majors

Verleih

Universal Pictures International Germany GmbH

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