Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush

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Fünf Jahre seines Lebens hat Murat Kurnaz aus Bremen unschuldig in Guantanamo eingesessen. Wenn man die Geschichte erst einmal in seiner Gänze erfasst hat, fragt man sich fassungslos, wie so etwas in unserer heutigen Zeit überhaupt möglich ist. Andreas Dresen hat aus dieser eigentlich hoffnungslosen Geschichte mit RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH einen wunderbaren Film über den Kampf einer Mutter um ihren Sohn gemacht.

Rabiye Kurnaz (Meltem Kaptan), Bremer Hausfrau und Mutter, versteht die Welt nicht mehr: Ihr Sohn Murat sitzt im US-Gefangenenlager in Guantanamo ein. Bei Polizei und Behörden wird sie abgewimmelt, und so verzweifelt sie fast daran. Bis sie den Menschenrechts-Anwalt Bernhard Docke (Alexander Scheer) trifft. Fortan kämpfen die Beiden Seite an Seite um Murats Freilassung. Doch während das Papier geduldig ist, ist Rabiye es nicht. Eigentlich möchte sie nur wieder zurück zu ihrer Familie ins Bremer Reihenhaus, aber der Fall katapultiert sie immer wieder in die Weltgeschichte. Sie zieht dabei mit Bernhard vor den Supreme Court nach Washington, um den US-Präsidenten George W. Bush zu verklagen. Während Bernhard auf sie Acht gibt, bringt sie ihn zum Lachen. Ein Geben und ein Nehmen. Und am Ende geschieht das, was niemand für möglich gehalten hätte…

Ursprünglich wollte Regisseur Andreas Dresen die Geschichte von Murat Kurnaz verfilmen. Nachdem er dessen Buch „Fünf Jahre meines Lebens“ gelesen hatte und sich mit ihm in Bremen getroffen hatte, war ihm aber sehr schnell klar, dass sich das Ganze nicht so einfach erzählen ließ. „Ich möchte keine Geschichten ohne Hoffnung erzählen“, so Dresen im Interview, „und in Murats Geschichte gab es nicht den geringsten Lichtblick“. Fast wäre das Projekt gestorben, bis Dresen bei einem Treffen dessen Mutter Rabiye Kurnaz kennenlernte. Diese lebenslustige und humorvolle Frau hatte es ihm sofort angetan, und schnell war klar, dass er die Geschichte aus ihrem Blickwinkel erzählen würde. Außerdem hatte es einen Film über Guantanamo ohne ein einziges Bild aus Guantanamo (wenn mal mal von einem Foto absieht) bislang noch nicht gegeben. Die Entscheidung sollte sich als absoluter Glücksgriff herausstellen.

Mit dem zurückhaltenden und schüchternen Anwalt Docke, gespielt von Alexander Scheer, und der überpräsenten Rabiye, die immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat, hat Dresen mit seiner Drehbuchatorin Laila Stieler ein starkes Team kreiert, dass sich gegenseitig die Waage hält. Vermutlich kann man sich einer solch schrecklichen Geschichte auch nur über den Humor nähern.

Für die Rolle der Rabiye stieß das Team irgendwann auf die in Gütersloh geborene und in Köln lebende Meltem Kaptan, die man bisher eher aus der Stand-Up-Comedy-Szene kannte. Kaptan überzeugte die Macher durch ihr präzises Timing – ein Faktor, der gerade im komödiantischen Bereich extrem wichtig ist. Obwohl sie vorher nie als Schauspielerin gearbeitet hat (abgesehen von einer kleinen Rolle in der Türkei), liefert sie in RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH eine absolute Meisterleistung ab. Selbst die echte Rabiye sagte kürzlich in einem Interview, dass sie beim Anschauen des Films immer wieder vergisst, dass sie ja gar nicht selbst auf der Leinwand zu sehen ist. Ein besseres Lob für die erste Rolle kann man sich sicher nicht wünschen. Da dürfte der Silberne Bär für die beste darstellerische Leistung auf der Berlinale gleich an Stellenwert verlieren.

RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH ist ein wunderbarer Film, der zu jedem Zeitpunkt den richtigen Ton für diese grauenvolle Geschichte findet und der mit einer wirklich perfekten Balance aus Komik und Ernsthaftigkeit punkten kann. Bravo!

Interview

Im Rahmen der Hamburg-Premiere hatte ich die Gelegenheit, mich mit dem Regisseur Andreas Dresen über seinen Film, die Entstehungsgeschichte und vieles mehr zu unterhalten