Ein Film wie ein Gemälde: Mit NOSFERATU – DER UNTOTE zeigt der visionäre Regisseur Robert Eggers erneut, dass er es wie kaum ein anderer versteht, mit den Mitteln des Films ein Meisterwerk zu malen…
Der frisch verheiratete Immobilienmakler Thomas Hutter (Nicholas Hoult) hat gerade erst seine neue Stelle angetreten, da wird er umgehend nach Transsylvanien geschickt, um dem potentiellen Kunden Graf Orlok (Bill Skarsgård) die Verträge für den Kauf einer Immobilie zu bringen. Was er nicht weiß: Graf Orlok ist in Wahrheit ein Vampir, der es auf etwas ganz anderes abgesehen hat. Seine junge Frau Ellen (Lily-Rose Depp) lässt Hutter in seiner Abwesenheit in der Obhut ihrer Freunde Friedrich und Anna Harding (Aaron Taylor-Johnson und Emma Corrin). Als Ellen mehr und mehr von Visionen geplagt wird, wird klar, dass sie es hier mit einer Macht zu tun haben, die sich jeglicher Kontrolle entzieht…
Mit seinen bisherigen Filmen „The Witch“, „Der Leuchtturm“ und „The Northman“ hat sich Robert Eggers mehr als nur einen Namen als Genre-Regisseur gemacht. Mit seinem ganz eigenen Stil hat er Welten geschaffen, die nahezu jeden Cineasten begeistern. Eggers gelingt es, allein durch halbdunkle Bilder und einem reduzierten, aber dennoch eindrucksvollen Sound eine Stimmung zu erschaffen, die Maßstäbe setzt.
Jedes einzelne Szenenbild in NOSFERATU – DER UNTOTE ist perfekt ausbalanciert. Nichts ist hier dem Zufall überlassen, jeder Abstand scheint mit Millimetermaß ausgerichtet, jeder Schatten, jedes Licht erfüllt einen ganz bestimmten Zweck. Allein mit der Ästhetik könnte man ganze Studiengänge füllen und so werden Menschen mit einem Auge für perfektes Design aus dem Stauen gar nicht mehr herauskommen.
Schon als Kind war Robert Eggers von F.W. Murnaus Film „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“ (1922) völlig fasziniert. Bereits an der High School schrieb Eggers an einer Bühnenversion, inspiriert sowohl von Henrik Galeens Drehbuch, als auch von Bram Stokers Roman „Dracula“. Das Stück wurde sogar aufgeführt und brachte Eggers die Erkenntnis, Regisseur werden zu wollen.
Nach der Fertigstellung seines Wikinger-Epos „The Northman“ machte sich Eggers ans Werk. Er recherchierte ausgiebig die okkulte und historische Darstellung von Vampiren, analysierte erneut das Original-Drehbuch von Henrik Galeen mit Murnaus Anmerkungen und schrieb eine Erzählung mit umfangreichen Hintergrundgeschichten, von denen ihm klar war, dass sie niemals im Film zu sehen sein werden. Aber es half ihm dabei, herauszufinden, warum er die Geschichte von Nosferatu neu erzählen musste.
Eggers legt seine Variante von NOSFERATU – DER UNTOTE bewusst so an, dass die von Lily-Rose-Depp eindrucksvoll verkörperte Ellen im Mittelpunkt der Geschichte steht. Gleich in der ersten Szene verdeutlicht Eggers ihre ganz persönliche Verbindung zu Nosferatu, auf die er später noch einmal zurückkommen soll. Dazwischen erzählt Eggers eine Geschichte, bei der er nahezu komplett auf Jump-Scares verzichtet. Sein Grauen zieht der Regisseur vollends aus der Geschichte selbst und seiner mystischen und dunklen Umsetzung. Allein aus diesem Grund sollte man den Film unbedingt in einem abgedunkelten Kinosaal genießen.
Im englischen Original spricht Bill Skarsgård seinen Nosferatu mit einem langsamen und extrem starken osteuropäischen Akzent. Zu Beginn des Films hatte ich den Gedanken, dass sich das sehr schnell abnutzen würde und im schlimmsten Fall sogar nervig werden könnte. Doch weit gefehlt. In der deutschen Fassung gelingt es dem Synchronsprecher Martin Kautz dann sogar, die Stimme noch ein Stück weit perfekter rüberzubringen. Insgesamt ist die deutsche Fassung im Vergleich zum Original überraschend gut gelungen. Obwohl ich normalerweise immer die Originalfassung bevorzuge, war ich nach langer Zeit einmal wieder positiv überrascht von einer Synchronfassung.
Mit NOSFERATU – DER UNTOTE ist Robert Eggers erneut ein Meisterwerk gelungen, bei dem einfach jeder Aspekt stimmt. Nein, diesen Film sollte man keinesfalls auf der großen Leinwand verpassen – selbst wenn man sonst für das Horror-Genre wenig übrig hat.
Nosferatu (USA 2024)
133 Minuten
Horror
Robert Eggers
Robert Eggers, inspiriert von Henrik Galeens Drehbuch „Nosferatu“ und von Bram Stokers Roman „Dracula“
Jarin Blaschke
Bill Skarsgård, Nicholas Hoult, Lily-Rose Depp, Aaron Taylor-Johnson, Emma Corrin, Ralph Ineson, Simon Mcburney, Willem Dafoe
Universal Pictures International Germany GmbH