Für sein Regiedebüt hat der deutsche Schauspieler Daniel Brühl etwas gewagt, was für ein Erstlingswerk eher ungewöhnlich ist: Er hat „Nebenan“ wie ein Theaterstück angelegt. Der Film spielt fast ausschließlich in einer Berliner Kneipe. Nach einer Idee von Brühl hatte Daniel Kehlmann, einer der besten deutschen Schriftsteller unserer Tage, ein perfektes Drehbuch geschrieben, das wohl jedes deutschsprachige Theater am liebsten sofort ins Programm aufnehmen möchte. Hier stimmt jede Dialogzeile!
Brühl spielt mit viel Selbstironie den Starschauspieler Daniel, der mit Ehefrau, zwei kleinen Söhnen und Kindermädchen in einer traumhaften Penthouse-Wohnung lebt – mit Blick auf den Berliner Fernsehturm am Alex. Das Casting für ein Hollywood-Superhelden-Film lockt ihn nach London – doch in der eigenen Wohnung fehlt ihm morgens die Ruhe. Auf dem Weg zum Flughafen Tegel macht er Station in seiner Stammkneipe, um den Text noch mal durchzugehen. Typisch für Großproduktionen: Daniel hatte nur die eine Seite des Drehbuchs mit seinen Textpassagen erhalten.
In der Kneipe lernt er den merkwürdigen Bruno (Peter Kurth) kennen, der viel über ihn zu wissen scheint. Erst bittet er um ein Autogramm: Doch das ist nur ein Vorwand, um ihn fertig zu machen. Es entwickelt sich ein gnadenloses Psychoduell zweier großer Schauspieler – bärenstarkes Kino!
Allmählich wird klar: Bruno weiß einiges über das Privatleben des Schauspielers. Ex-Stasi und Experte für Sperrungen von EC-Karten. Kontobewegungen: Da kommt was zusammen. Bruno konfrontiert Daniel mit den Fehlern aus dessen Leben. Wieviel weiß er vom Alltag seiner Frau und seines Kindermädchens? Bruno weiß alles: Er hat einen uneingeschränkten Blick in die Wohnung des Superreichen. Er ist der Nachbar von gegenüber, er wohnt „nebenan“. Als auch noch Daniels frustrierte Frau (Aenne Schwarz) in der Kneipe auftaucht, scheint die Ehe am Ende zu sein.
Daniel Brühl hat einen atemberaubend packenden Film gedreht. Sein Freund Daniel Kehlmann – zusammen haben sie „Ich und Kaminski“ (2015) gedreht – hat das gemacht, wovon jeder Regisseur träumt: ein Drehbuch zu schreiben, das sich von alleine inszenieren lässt. Und natürlich hatten alle einen berühmten Film im Hinterkopf: „Good Bye, Lenin!“ – mit Daniel Brühl in der Hauptrolle. Ein tolles Debüt!
Nebenan (Deutschland 2021)
94 Minuten
Drama / Komödie
Daniel Brühl
Daniel Kehlmann, nach einer Idee von Daniel Brühl
Daniel Brühl, Peter Kurth, Rike Eckermann, Aenne Schwarz, Gode Benedix, Vicky Krieps
Warner Bros. Entertainment GmbH