Minari – Wo wir Wurzeln schlagen

15.07.2021

Ein besonderer Ruf eilte dem Film voraus. Von Brad Pitt mitproduziert, als US-Melodram fast komplett auf Koreanisch gedreht, Golden Globe als bester nicht-englischsprachiger Film, mehrere Oscar-Nominierungen und ein Oscar für die beste Nebendarstellerin. So viel Vorschusslorbeeren können aber auch ein Handicap sein. Der US-amerikanische Regisseur mit südkoreanischen Vorfahren, Lee Isaac Chung, wollte mit „Minari – Wo wir Wurzeln schlagen“ nichts weniger als die Geschichte koreanischer Einwanderer während der Reagan-Ära zeigen – ein sehr ehrgeiziges Projekt. Herausgekommen ist ein warmherziges, aber zu nettes Porträt einer Familie im mittleren Westen der USA.

Nachdem sie jahrelang in Kalifornien auf einer Hühnerfarm geschuftet hatten, haben Jacob (Steven Yeun) und seine Frau Monica (Ye-Ri Han), Einwanderer aus Südkorea, so viel Geld zurückgelegt, um im fernen Arkansas ein Stück Land zu kaufen. Jacob will hier koreanisches Gemüse anbauen – Abnehmer glaubt er in den umliegenden Großstädten zu finden. Als sie mit ihren zwei Kindern auf der abgelegenen Farm ankommen, verschlägt es Monica die Sprache. Statt eines Hauses steht nur ein überdimensionaler Wohnwagen am Rande der Wiese. Das heruntergekommene Stück Land war deshalb so preiswert, weil der Vorbesitzer pleite gegangen war und sich erschossen hatte. Bevor die Farm Erträge abwirft, muss das Ehepaar seinen verhassten Beruf wieder aufnehmen. Beim sogenannten „chicken sexing“ prüfen Jacob und Monica das Geschlecht der frisch geschlüpften Küken: die weiblichen überleben, die männlichen werden entsorgt, sprich: verbrannt.

Die Kinder Anne (Noel Kat Cho) und David (Alan Kim) sprechen perfekt Englisch und finden in der Schule schnell Freunde. Ihre Eltern tun sich dagegen schwer, zu Hause wird ohnehin nur Koreanisch gesprochen. Da der kleine David ein Loch im Herzen hat, muss er ständig umsorgt werden. Monica findet eine Lösung: Sie lässt ihre Mutter Soon-Ja (Oscar-Preisträgerin Yuh-Jung Youn) aus Südkorea einfliegen, damit die sich um ihren Enkel kümmert. Doch dieser kann seine Oma, die mit ihm in einem Zimmer schläft, zunächst nicht ausstehen: Sie schnarcht, sie flucht den ganzen Tag und Hausarbeit ist nicht ihr Ding. Stattdessen sät sie an einem nahen Bach aus der Heimat mitgebrachte Minari-Samen aus, einer Art koreanische Petersilie.

Doch langsam rauft sich die Familie zusammen. Jacob gräbt einen Brunnen, und bei der Feldarbeit hilft ihm sein spleeniger, leicht geistig behinderter Nachbar Paul (Will Patton), ein fanatischer Christ, der mit einem riesigen Holzkreuz über die Lande zieht. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Der Brunnen versiegt, die Oma erleidet einen Schlaganfall, Monica will zurück nach Kalifornien und die Scheune brennt ab.

Das hätte ein wunderbarer Film über die Höhen und Tiefen des Landlebens werden können – wer denkt da nicht an „In der Glut des Südens“ von Terrence Malick oder das Schweizer Meisterwerk „Höhenfeuer“? Doch Regisseur Lee Isaac Chung begeht einen entscheidenden Fehler: Seinem Film fehlen die Widerhaken. Die so fremd aussehende Familie wird sofort von allen akzeptiert, die Kirchengemeinde empfängt sie mit offenen Armen – Rassismus scheint es in den 80er-Jahren in Arkansas nicht gegeben zu haben. Hier sind alle „weißen“ Amerikaner nett! Wer’s glaubt!
Ein schöner Film – mehr nicht! Leider keine Höchstnote!

Trailer

ab6

Originaltitel

Minari (USA 2020)

Länge

116 Minuten

Genre

Drama

Regie

Lee Isaac Chung

Drehbuch

Lee Isaac Chung

Darsteller

Steven Yeun, Ye-Ri Han, Alan Kim, Noel Kate Cho, Yuh-Jung Youn, Scott Haze, Will Patton

Verleih

Prokino Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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