End of Season

17.02.2022

Das Kino gibt es seit 125 Jahren. Und von Anfang stand ein sehr privates Thema im Mittelpunkt: der Anfang und das Ende einer Beziehung. Davon lebt die Welt! In den 1950er- und 1960er-Jahren standen zwei europäische Regisseure dabei im Zentrum: Ingmar Bergman und Michelangelo Antonioni. Und an beide denkt man sofort im sehr ungewöhnlichen Melodram END OF SEASON des Aserbaidschaners Elmar Imanov. Der Regisseur und Co-Autor lebt mit seinem Bruder Anar Imanov, der am Drehbuch beteiligt war, seit 1998 in Deutschland. Mit hiesigem Geld haben beide einen erstaunlichen Film zustande gebracht, der uns wohl alle überrascht. Hier stimmt alles: Timing, Look, Story.

Schon der Anfang verblüfft: Die Kamera schwenkt über eine eher hässliche Hafenstadt, und wir lauschen den Klängen von „99 Luftballons“ (diesmal nicht von Nena gesungen, sondern von der Band „Kaleida“). Nanu, fragt sich natürlich jeder? Die Stadt ist Baku in Aserbaidschan, und wir beobachten eine Kleinfamilie dabei, das ziemlich trostlose Leben zu meistern. Die Mitdreissiger Fidan (Zulfiyye Qurbanova) und Samir (Rasim Jafarov) leben mit ihrem 18-jährigen Sohn Mahmud (Mir-Mövsüm Mirzazade) in einem Plattenbauhochhaus in einer viel zu kleinen Wohnung. Der Student Mahmud, nebenbei ein erfolgreicher Web-Designer, muss notgedrungen noch bei seinen Eltern wohnen und hat zudem Zoff mit seiner Freundin, die mehr von ihm verlangt.

Bei einem gemeinsamen Ausflug ans Kaspische Meer entlädt sich die Spannung: Samir will an der (noch geschlossenen) Bar einen Whisky trinken, Mahmud am Strand dösen, und Fidan mit Bikini ins Wasser. Als die beiden Männer wieder zu sich kommen, ist Frau und Mutter weg. Ist sie ertrunken? Ist sie abgehauen, denn bei der Autofahrt redete sie ständig davon, Freunde in Berlin zu besuchen? Als die Rettungsschwimmer eintreffen, ist sogar Samir besorgt.

Der Regisseur arbeitet raffiniert mit Schwarzblenden. Denn im letzten Teil ist Fidan wieder da – putzmunter, als ob nichts geschehen wäre. Sie tischt Mann und Sohn eine hanebüchene Geschichte auf: Sie war beim Baden zu weit rausgeschwommen und wurde von Fischern gerettet. Als Samir das nicht glaubt, gibt’s die Alternative: Sie hatte Sex mit drei Männern – gleichzeitig! Erst als Mahmud dabei einen Lachanfall bekommt, löst sich die Spannung.

Hier hat ein Regisseur begriffen, was eine große Geschichte ausmacht: Was ist Lüge, was Wahrheit? Wie immer gilt – nicht nur in der Kunst: Nichts ist eindeutig! END OD SAISON ist ein kleiner, billig gedrehter Film aus einem Land, das keiner von uns so richtig kennt. Das Schöne bei dieser Art Kultur ist: Die Rätsel bleiben. Davon lebt das Kino!

Trailer

ab12

Originaltitel

End of Season (Aserbaidschan / Deutschland / Georgien 2019)

Länge

92 Minuten

Genre

Drama

Regie

Elmar Imanov

Drehbuch

Elmar Imanov, Anar Imanov

Darsteller

Rasim Jafarow, Mir-Movsum Mirzazade, Zulfiyye Qurbanova

Verleih

Real Fiction Filmverleih e.K.

Filmwebsite

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