Eingeschlossene Gesellschaft

14.04.2022

Der deutsche Regisseur Sönke Wortmann hat sich nach frühen Erfolgen („Kleine Haie“, „Der bewegte Mann“) inzwischen auf Zweitverwertungen spezialisiert. „Der Vorname“ und „Contra“ waren Remakes von französischen Komödien. Zudem ist „Der Nachname“ (Start im Herbst 2022) die rein deutsche Fortsetzung von „Der Vorname“ – mit identischer Besetzung. Jetzt kommt die Tragikomödie EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT ins Kino – und wirkt wie ein (überflüssiger) Aufguss von „Frau Müller muss weg!“ (2015). Gibt es im internationalen Kino keine Themen mehr?

In „Frau Müller muss weg!“ entwickelt sich ein Elternabend zu einer bitterbösen Abrechnung mit der Klassenlehrerin. Auch EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT spielt in nur „einem“ Raum in einer Schule, diesmal im Lehrerzimmer. Während sich die Lehrerinnen und Lehrer zwischen den Unterrichtsstunden langweilen, stürmt ein erboster Vater (Thorsten Merten) den Raum, um sich über einen (!) fehlenden Punkt im Zeugnis seines Sohnes zu beschweren, der ihm dessen Abiturzulassung verweigert. Mit Waffengewalt will er das Kollegium zu einer Sondersitzung zwingen. Doch der reaktionäre Klassenlehrer Klaus Engelhardt (Justus von Dohnanyi) des Schülers stellt sich stur: So läuft das nicht. Der Vater gibt den sechs anwesenden Lehrern eine Stunde Zeit, sich zu entscheiden.

Was folgt, ist ein Psychoduell, wie wir es aus guten (und schlechten) Filmen und Theaterstücken kennen. Berühmtestes Beispiel ist wohl der Klassiker „Die zwölf Geschworenen“ von Sidney Lumet mit Henry Fonda in der Hauptrolle. Alle Lehrer haben Dreck am Stecken, was der Vater genüsslich ausbreitet – er hatte die Personalakten gefunden.

Die von allen gehasste, verhärmte Heidi Lohmann (Anke Engelke), die vor Jahren eine Schülerin geschlagen hatte, der Sportlehrer und Weiberheld Peter Mertens (Florian David Fitz), der schüchterne Chemielehrer Bernd Vogel (Torben Kessler), der von seinen Schülern beim Porno-Gucken erwischt wurde, der scheinbar sympathische Schüleranwalt Holger Arndt (Thomas Loibl), der sich als Spitzel entpuppt, die neue Referendarin Sarah Schuster (Nilam Farooq), die schnellem Sex nicht abgeneigt ist, und der konservative Klaus Engelhardt, der seine Note nicht ändern will: Hier tun sich Abgründe auf.

Als Theaterstück kann EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT (Drehbuch: Jan Weiler) möglicherweise funktionieren – Vorlage war ein Hörspiel von Weiler. Doch der Film wirkt merkwürdig steril und aufdringlich. Jedem der Schauspieler gönnt Sönke Wortmann einen großen Schlussmonolog – das ist leider alles nicht sehr filmisch. Aber sehr pathetisch! Ein Tipp an den Regisseur: Versuchen Sie es in ihrem nächsten Film mit zwei (!) Räumen!

Trailer

ab12

Originaltitel

Eingeschlossene Gesellschaft (Deutschland 2021)

Länge

101 Minuten

Genre

Komödie / Drama

Regie

Sönke Wortmann

Drehbuch

Jan Weiler

Darsteller

Florian David Fitz, Anke Engelke, Justus von Dohnnányi, Nilam Farooq, Thomas Loibl, Torben Kessler, Thorsten Merten, Nick Julius Schuck, Carl Benzschawel, Claudia Hübbecker, Jürgen Sarkiss, Serkan Kaya, Ronald Kukulies

Verleih

Sony Pictures Releasing GmbH

Filmwebsite

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