Alles ist gut gegangen

14.04.2022

Schon seit vielen Jahren zählt François Ozon zu meinen persönlichen Lieblings-Regisseuren. Kein Wunder also, dass ich mir ALLES IST GUT GEGANGEN keinesfalls entgehen lassen wollte.

Als das Telefon klingelt, weiß Schriftstellerin Emmanuèle (Sophie Marceau) noch nicht, dass dieser Anruf ihr Leben verändern wird. Sie eilt ins örtliche Krankenhaus, wo ihr Vater André (André Dussollier) gerade nach einem Schlaganfall behandelt wird. Er ist Mitte Achtzig, ein wohlhabender Fabrikant, ein Kunstsammler – und ein Misanthrop. Die Vorstellung, dass er fortan auf die Hilfe anderer angewiesen ist, löst bei ihm Unbehagen aus. Ohne Aussicht auf Besserung entschließt er sich daher, sein Leben selbstbestimmt zu beenden. Ausgerechnet seine Lieblingstochter Emmanuéle soll ihm nun dabei behilflich sein. Widerwillig – schließlich hat sie ihn in ihrer Jugend oftmals als egomanischen Patriarchen erlebt – willigt sie ein, ihn dabei zu unterstützen. Gemeinsam mit ihrer Schwester Pascale (Géraldine Pailhas) trifft sie sich mit der Mitarbeiterin einer Schweizer Sterbeklinik (Hanna Schygulla), um das weitere Vorgehen zu besprechen. Während Pascale mit ihrer Eifersucht zu kämpfen hat, warum ihr Vater nicht sie um Hilfe gebeten hat, müssen beide irgendwie mit der Situation klarkommen. Zu allem Unheil taucht auch noch immer wieder ein mysteriöser Mann aus der Vergangenheit auf, der ihre Pläne zu durchkreuzen versucht…

Auch mit seinem 20. Film liefert François Ozon erneut ein filmische Glanzstück ab. Doch statt einer eigenen Geschichte, widmet sich der Franzose mit ALLES IST GUT GEGANGEN dem Werk der von ihm geschätzten Kollegin Emmanuèle Bernheim. Ihr gleichnamiger Roman aus dem Jahre 2013, in dem sie ihre ganz persönliche Geschichte erzählt, bildet die Grundlage des Films. Mit Bernheim hatte Ozon bereits 2000 bei seinem Film „Unter dem Sand“ zusammengearbeitet. Als sie ihn seinerzeit fragte, ob er sich vorstellen könnte, ihr Buch für das Kino zu adaptieren, zögerte er jedoch, weil im nicht klar war, wie er ihre persönliche Geschichte zu seiner eigenen Erzählung machen sollte.

Nachdem Bernheim 2017 an Krebs gestorben war, widmete sich Ozon letztendlich doch ihrem Roman, um ihr irgendwie wieder nahe zu sein. Also begann er zu recherchieren und stieß dabei auf einen blinden Fleck in der Geschichte: Emanuéles Mutter, die sie ihm gegenüber nie erwähnt hatte. Er wusste lediglich, dass sie sehr krank und chronisch depressiv war. Gemeinsam mit Emanuéles Partner Serge Toubiana und ihrer Schwester Pascale füllte Ozon die Lücken der Geschichte aus – und machte diese so zu seiner eigenen.

Man merkt dem Film in jeder Sekunde die Mühen an, die Ozon in die Entwicklung des Drehbuchs gesteckt hatte. Ohne falsche Sentimentalitäten und mit ganz viel Liebe zum Detail hat Ozon hier eine Hommage an das Sterben als letzten Ausdruck des Lebens geschaffen. Getragen von einem wunderbaren Cast zeigt er den eindrucksvollen Kampf einer Familie um Selbstbestimmung und Würde sowie die Machtverhältnisse, die einer künstlerisch geprägten Familie innewohnen, ohne dass dabei der Humor zu kurz kommen muss. Ein typischer Ozon eben.

Trailer

ab12

Originaltitel

Tout s’est bien passé (Frankreich 2021)

Länge

109 Minuten

Genre

Drama

Regie

François Ozon

Drehbuch

François Ozon, frei adaptiert nach dem Roman "Tout s’est bien passé" von Emmanuèle Bernheim

Darsteller

Sophie Marceau, André Dussollier, Géraldine Pailhas, Hanna Schygulla, Charlotte Rampling

Verleih

Wild Bunch Germany GmbH

Filmwebsite

» zur Filmwebsite

Weitere Neustarts am 14.04.2022