Der Film der Woche

Die Theorie von allem

26.10.2023

Als das deutsche Melodram DIE THEORIE VON ALLEM von Timm Kröger vor wenigen Wochen seine internationale Premiere bei den Filmfestspielen von Venedig feierte, spürte wohl jeder im Saal: Dieser Film ist komplett „aus der Zeit“ gefallen – und gleichzeitig einer der ungewöhnlichsten der vergangenen Jahre. Der Regisseur Timm Kröger hatte es hier geschafft, Philosophie und Physik mit der Film-noir-Tradition zu verbinden. Dieser spektakuläre Alpen-Thriller geht uns allen unter die Haut – und nicht wenige saßen nach der Vorführung irritiert im Kinosaal in Venedig. Jetzt dürfen auch wir dieses Wunderwerk in unseren heimischen Kinos bewundern. Ich garantiere: Einfach wird’s nicht!

Der Beginn ist verblüffend genug: In verwaschenen Farben rekonstruiert der Regisseur eine fiktive TV-Talkshow aus den 1970er-Jahren, in der der junge Autor Johannes Leinert (Jan Bülow) seinen prallen Science-Fiction-Bestseller „Die Theorie von allem“ präsentiert und in der Sendung behauptet, alle erwähnten Theorien im Roman entsprechen der Wahrheit. Und dann setzt die Rückblende ein – konsequent in Schwarz-Weiß!

Schon als Kind hatte Johannes (Jonathan Wirtz) seinen Urlaub in einem Dorf in den Schweizer Alpen verbracht und mit seiner Jugendfreundin Susi (Vivienne Bayley) eine abgelegene Scheune entdeckt, in der sie vor einer Lawine Schutz gesucht hatten. Dort fanden sie den Eingang zu einem geheimnisvollen Tunnel. Was ist damals genau passiert?

Zeitsprung. 1962. Johannes Leinert reist mit seinem Doktorvater Julius Strathen (Hanns Zischler) zu einem physikalischen Kongress in die Schweizer Alpen, um dem angeblich bahnbrechenden Vortrag eines iranischen Wissenschaftlers zu lauschen. Doch der taucht nicht auf – stattdessen Strathens Erzfeind Blumberg (Gottfried Breitfuß), mit dem er sich sofort wieder anlegt. Und Johannes lernt die mysteriöse Jazz-Pianistin Karin Hönig (Olivia Ross) kennen, die Dinge aus Johannes’ Vergangenheit erzählt, die sie gar nicht wissen kann. Der monströse Tod eines Kongressteilnehmers – er wurde mit rätselhaften Verletzungen im Schnee gefunden – ruft die Kommissare Amrein (Philippe Graber) und Arnold (David Bennent) auf den Plan, die einen Mord vermuten.

Die undurchsichtigen Figuren Blumberg und Hönig scheinen einem klassischen Humphrey-Bogart-Film entsprungen zu sein. Und genau mit diesen Assoziationen spielen Regisseur Timm Kröger und sein Co-Drehbuchautor Roderick Warich. Beide liefern einen genialen Streifzug durch die Geschichte des Film-noir-Thrillers – unterstützt von der brillanten Schwarz-Weiß-Kameraarbeit von Roland Stuprich. Der Look ist sensationell! Wer die Filmgeschichte kennt, wird seine Freude haben: Wir sehen die Bezüge zu Hitchcocks „Spellbound“ („Ich kämpfe um dich“) und Kubricks „The Shining“. Ein Fest für das Kino. Und am Ende geht es um die entscheidende Frage: Kann man die Welt mit „einer“ Theorie erklären?

Eine persönliche Bemerkung: Ich habe ganz bewusst vieles offen gelassen – Spoiler würden den Spaß verderben. Hier hat ein Regisseur das Kino neu erfunden. Bravo!

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab6

Originaltitel

Die Theorie von allem (Deutschland / Österreich / Schweiz 2023)

Länge

118 Minuten

Genre

Thriller

Regie

Timm Kröger

Drehbuch

Timm Kröger, Roderick Warich

Darsteller

Jan Bülow, Olivia Ross, Hanns Zischler, Gottfried Breitfuß, Philippe Graber, David Bennent, Ladina Carla von Frisching, Imogen Kogge, Emanuel Waldburg-Zeil, Vivienne Bayley, Dirk Böhling, Paul Wolff-Plottegg, Peter Hottinger, Dana Herfurth, Joey Zimmermann, Eva Maria Jost, Jonathan Wirtz

Verleih

Neue Visionen Filmverleih GmbH

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