Black Box

Autor: Michael Spangenberg

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

In ihrem Film BLACK BOX zeigt uns Regisseurin Aslı Özge, die auch das Drehbuch geschrieben hat, wie schnell ein Gemeinschaftsgefühl zerstört werden kann und wie gesellschaftliche und demokratische Strukturen ins Wanken geraten können…

Es beginnt mit einem gläsernen Büro-Container, der per Kran in den Innenhof eines alten Gebäudekomplexes gelassen wird. Fortan soll sich Johannes Horn (Felix Kramer) in diesem um die Sanierung der Altbauwohnungen und den anschließenden Verkauf an die Mieter kümmern. Dazu müssen aber die Mülltonnen weichen, die fortan direkt unter dem Fenster des Mieters Erik Behr (Christian Berkel) stehen soll, was diesem natürlich lautstark missfällt. Nur eine von diversen Dingen, die die Nachbarschaft in Aufruhr versetzen…

Als wäre das nicht genug, sind plötzlich Hubschrauber über der Stadt zu hören und die Polizei riegelt den Hinterhof komplett ab. Ein terroristischer Einsatz, soviel erfahren die Mieter noch, den Rest müssen sie sich jedoch selbst zusammenreimen. Fakt ist nur, dass niemand die Gebäude oder den Hinterhof verlassen darf. Wie lange? Tja, dass kann hier leider niemand sagen.

Für Henrike Koch (Luise Heyer) kommt dies zum schier ungünstigsten Zeitpunkt. Nach Jahren in Mutterschutz und Arbeitslosigkeit hat sie endlich ein Vorstellungsgespräch. Nur wie soll sie – vor allem rechtzeitig – dorthin gelangen?

Je länger der Ausnahmezustand anhält, desto mehr Theorien machen die Runde. Ist vielleicht dieser eine Nachbar, der sich so verdächtig verhält, das Ziel dieser Abriegelung? Soll das Café im Vorderhaus wirklich geschlossen werden? Ist hier jeder wirklich der, der er vorzugeben scheint? Fragen über Fragen, die die eigentlich gute Nachbarschaft immer mehr auseinander brechen lässt…

BLACK BOX lief Ende Juni 2023 beim Filmfest München und eröffnete dort die Sektion „Neues Deutsches Kino“. Aslı Özge ist damit ein durchaus eindrucksvoller Film gelungen, der mich jedoch nicht gänzlich überzeugen konnte. Sie schildert eindrucksvoll, wie Menschen – gerade unter Druck – dazu neigen, sich ihre eigenes Bild zu machen. Fakten verschmelzen mit gefühlten Wahrheiten zu einem Brei, aus dem es kaum noch ein Entkommen gibt. Dass genau so etwas in unserer Gesellschaft immer häufiger passiert, dürfte vermutlich nahezu jedem bekannt sein. Aber dies auf dem Mikrokosmos eines Wohnblocks herunter zu brechen, ist durchaus ein genialer Schachzug.

Allerdings greift das Drehbuch für meine Begriffe auf zu etliche Klischees zurück. Die vielen Stereotypen sind dann doch irgendwie zu reißbretthaft entworfen. Außerdem macht der Film zu viele Nebenschauplätze auf, die in ihrer Gewichtung etwas unausgeglichen sind.

Trotzdem ist BLACK BOX ein gelungener Film, wenn auch mit ein paar Einschränkungen. An manchen Stellen hätte ich mir ein wenig mehr inszenatorischen Mut gewünscht. Beeindruckt hat mich der Film aber allemal.

Trailer