Der Film der Woche

À la Carte – Freiheit geht durch den Magen

25.11.2021

Mit seinem neuen Film Á LA CARTE – FREIHEIT GEHT DURCH DEN MAGEN entführt uns der Regisseur Éric Besnard in kulinarische Sphären am Vorabend der Französischen Revolution. 

Wir schreiben das Jahr 1789. Manceron (Grégory Gadebois) ist ein begnadeter Koch, der für den Herzog de Chamfort (Benjamin Lavernhe) arbeitet. Mit Schwanen-Ragout, gebackenen Täubchen  und anderen kulinarischen Kreationen verwöhnt er seinen Herrn und geht darin vollkommen auf. Eines Tages jedoch lässt der eigenwillige Küchenchef seine Phantasie spielen und tischt den herzöglichen Gästen eine Köstlichkeit auf, die jedoch aus der niedrigsten aller Zutaten besteht: der Kartoffel. Der Aufschrei ist groß und Manceron wird auf der Stelle gefeuert.

Zurück auf dem heimischen Bauernhof muss sich Manceron damit abfinden, den staubigen Reisenden Bouillon und Brot zu servieren. Was für ein Tiefpunkt. Doch dann erscheint eine mysteriöse Frau (Isabelle Carré), die beharrlich darauf besteht, vom Meister in die Kochkunst eingeführt zu werden. Nach anfänglichem Zögern erklärt sich Manceron dazu bereit und ist schnell überrascht von ihrem sinnlichen Umgang mit wilden Kräutern, Waldbeeren und Trüffeln. Als sich der Herzog für einen Besuch ankündigt, macht sich Louise mit verdächtig großem Einsatz an die Vorbereitungen. Welches Geheimnis verbirgt die Frau? Während sich die Ereignisse überschlagen erschafft das ungleiche Paar durch ihren Mut ihre eigene kleine Revolution: das erste Restaurant Frankreichs als Ort der Gemeinsamkeit und des Genusses für alle!

Bereits 2016 überzeugte Éric Besnard mit seinem Film „Birnenkuchen mit Lavendel„, in dem er eine zauberhafte Geschichte erzählte. Sein nächster Film „Meine geistreiche Familie“ (2019) ist gerade erst vor zwei Monaten auf DVD erschienen. Á LA CARTE – FREIHEIT GEHT DURCH DEN MAGEN ist zum Glück wieder ein Kinostart vergönnt – und das ist auch gut so. Besnard gelingt hier ein wundervoller Film, der uns die (fiktive) Geschichte des ersten Restaurants erzählt. Er verbindet die Erzählung geschickt mit einer späten Liebe zwischen zwei eigenwilligen Charakterköpfen. 

Die Bilder, die Besnards Kameramann Jean-Marie Dreujou erzeugt, sind von solcher Schönheit, dass einem als Zuschauer das Wasser im Munde zusammenläuft. Für einen Film wie diesen müsste eigentlich das Geruchskino erfunden werden. Doch auch die Landschaftsaufnahmen, die Kostüme und die Schauplätze fängt Dreujou in eindrucksvollen Bildern ein, die sehr zu oft einem Gemälde gleichen. Ein Fest für alle Sinne sozusagen. 

Obwohl der Film in der vorrevolutionären Ära spielt, verzichtet Besnard auf die üblichen Zutaten. Hier geht es überhaupt nicht darum, den Adel von seinem angestammten Platz zu vertreiben, sondern um den Konflikt im Kleinen. Manceron ist hin und hergerissen zwischen dem Gehorsam seinem Herren gegenüber und der Selbstbestimmung. Er hat kein Problem damit, für seinen Herrn und dessen Gäste kulinarisch kreativ zu werden, nur immer wieder dieselben Gerichte zu kochen ist ihm äußerst lästig. Den Stand des Herzogs stellt er zu keiner Zeit in Frage, ganz im Gegenteil, zurück in seinem Heimatdorf wartet er förmlich darauf, dass dieser sich entschuldigt und er an seinen angestammten Arbeitsplatz zurückkehren kann. 

Doch hier stellt er verblüfft fest, dass auch die Reisenden einem guten Gericht nicht abgeneigt sind. Konnte er sich vorher überhaupt nicht vorstellen, für andere Personen als den Adel zu kochen, ist er um so erstaunter, dass auch das gemeine Volk Interesse an kulinarischen Genüssen hat. Dass Manceron sich zuhause selbst neu findet, ist ein langer Prozess, der jedoch am Ende überschwänglich belohnt wird: mit dem ersten Restaurant und einer liebenden Frau an seiner Seite. Und der Kinozuschauer mit einem rundum gelungenen Film.

Trailer

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Originaltitel

Delicieux (Frankreich 2021)

Länge

113 Minuten

Genre

Komödie

Regie

Éric Besnard

Drehbuch

Éric Besnard, Nicolas Boukhrief

Darsteller

Grégory Gadebois, Isabelle Carré, Benjamin Lavernhe, Guillaume de Tonquédec, Christian Bouillette, Lorenzo Lefèbvre, Marie-Julie Baup, Laurent Bateau

Verleih

Neue Visionen Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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