Der Film der Woche

Was uns nicht umbringt

15.11.2018

Als Vater zweier jugendlicher Töchter – mit einer eigensinnigen Ex-Frau, die zugleich seine beste Freundin ist, einem schwermütigen Hund, den er sich gerade erst angeschafft hat, und seinen eigentümlichen Patienten – braucht Psychotherapeut Max (August Zirner) wahrlich keine neue Herausforderung. Aber wenn Sophie (Johanna ter Stege), die bezaubernde Spielsüchtige mit Beziehungsproblemen, stets zu spät in seiner Praxis erscheint, gerät Max’ vertraute Welt ins Wanken. Während er sich noch einzureden versucht, Profi genug zu sein, um Profi zu bleiben, führt eine unverhoffte Begegnung der beiden zu immer mehr Verstrickungen – und es passiert, was nicht passieren sollte: Der Therapeut verliebt sich in seine Patientin. Wie soll er ihr helfen, ohne sich einzumischen? Wie kann er sie lieben, ohne sie zu verlieren? Hin- und hergerissen zwischen Gefühl und Verstand, zwischen seiner Patientin und der Frau, die er liebt, muss Max zunächst dem alten Flugzeugleitsatz folgen: Helfen Sie sich selbst, bevor Sie versuchen, anderen zu helfen.

Kritik

Als Freund von Episodenfilmen verzweifle ich regelmässig daran, wie lieblos manche Filme ihre Geschichten miteinander verweben. Sandra Nettelbeck ist da die große Ausnahme und zeigt mit WAS UNS NICHT UMBRINGT, wie man es richtig macht…

Am Anfang stand der Name. Nur der Name. WAS UNS NICHT UMBRINGT klingt doch toll, darüber müsste man mal einen Film drehen, dachte sich die Regisseurin und Autorin Sandra Nettelbeck. Als ihr dann noch einfiel, dass sie der Figur des Psychiaters aus ihrem BELLA MARTHA immer wieder einen eigenen Film versprochen hatte, nahm die Geschichte ihren Lauf. 

Das Ergebnis können wir jetzt auf der großen Leinwand betrachen und es ist sogar noch besser geworden, als wir uns hätten erhoffen können. Bereits mit ihrem letzten Film, dem unfassbar liebenswürdigen MR. MORGANS LAST LOVE mit Michael Caine in der Hauptrolle hat Nettelbeck gezeigt, dass sie es wie kaum eine andere Autorin versteht, tiefgründige Figuren zu entwickeln, mit denen wir als Zuschauer mitfiebern können. Auch in WAS UNS NICHT UMBRINGT gelingt ihr das wieder äußerst vortrefflich. Jede Rolle bekommt hier genau die Tiefe, die sie verdient – oberflächliche Charaktere sucht man in diesem Film vergeblich. Diese mitfühlende Figurenzeichnung ist es dann auch, was den Film so besonders macht. 

Doch nicht nur die Geschichten selbst sind glaubwürdig, nein, Nettelbeck verbindet sie auch auf eine besondere Art und Weise zu einem homogenen Ganzen. Hier wirkt nichts wie auf Krampf zusammengefügt, alles ist stimmig und – ich wiederhole mich – glaubwürdig. 

Aber auch der Soundtrack kann vollends überzeugen. Die Songs passen wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge und kommen immer genau zum richtigen Zeitpunkt. Zudem nutzt Nettelbeck sie immer wieder, um mit der Geschichte kurz innezuhalten und gemeinsam mit dem Zuschauer eine Art kurze Bestandsaufnahme vorzunehmen. 

Um zu erahnen, wie schwierig es ist, einen solchen Film am Ende im Schneideraum zusammenzustellen, muss man sich nur all die anderen Vertreter dieses Genres ansehen. Denn was auf dem Papier gut aussieht, muss nicht zwingend auch auf der Leinwand funktionieren. Wie sie dabei vorgegangen ist, hat mir Sandra Nettelbeck zudem im Interview verraten.

WAS UNS NICHT UMBRINGT ist ein wundervoller Film geworden, der uns liebevoll zeigt, dass ein Scheitern nicht zwingend das Ende bedeuten muss – und dass es Menschen gibt, die uns das auf ganz wunderbare Art und Weise nahebringen. Menschen wie Sandra Nettelbeck, die uns hoffentlich noch ganz viele Filme beschweren wird. Bis dahin genießen wir einfach WAS UNS NICHT UMBRINGT auf der großen Leinwand. Immer und immer wieder.

Interview

Im Rahmen des Filmfests Hamburg habe ich die Regisseurin und Autorin des Film Sandra Nettelbeck zum Interview getroffen und mit ihr über die Entstehung des Films, die Schwierigkeiten beim Schnitt, die Figurenzeichnungen, den Soundtrack und all die vielen weiteren positiven Aspekte dieses wunderbaren Films gesprochen.

Trailer

ab6

Originaltitel

Was uns nicht umbringt (Deutschland 2018)

Länge

129 Minuten

Genre

Drama / Komödie

Regie

Sandra Nettelbeck

Drehbuch

Sandra Nettelbeck

Darsteller

August Zirner, Johanna ter Steege, Barbara Auer, Oliver Broumis, Jenny Schily, Bjarne Mädel, Christian Berkel, Victoria Mayer, Deborah Kaufmann, Mark Waschke, Peter Lohmeyer

Verleih

Alamode Filmdistribution OHG

Filmwebsite

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