In seinem zweiten Fall als Hercule Poirot ermittelt Kenneth Brannagh nach einem TOD AUF DEM NIL. Nur leider will der Funke dieses Mal nicht so recht überspringen…
Eigentlich wollte Hercule Poirot (Kenneth Brannagh) nur Urlaub in Ägypten machen, bis er an den Pyramiden von Gizeh zufällig auf seinen Freund, den recht planlosen aber immer liebenswerten Bouc (Tom Bateman), trifft. Durch ihn schließt er sich einer bunt gemischten Reisegruppe an, die auf einer Nilkreuzfahrt die Hochzeit der wohlhabenden Erbin Linnet Ridgeway (Gal Gadot) mit dem gut aussehenden Simon Doyle (Armie Hammer) feiern will. Als Linnet jedoch plötzlich erschossen wird, steht Poirot wieder einmal vor der Aufgabe, den Mörder zu finden. Doch wer könnte das sein? Etwa die attraktive Jacqueline de Bellefort (Emma Mackey), Simons Ex-Freundin, die ihn einst mit seiner zukünftigen Frau bekannt gemacht hatte? Oder Louise Bourget (Rose Leslie), Linnets Zofe, die zwar von ihrer Extravaganz immer wieder mitgerissen wird, aber auch ständig zu spüren bekommt, wo ihr Platz in der Gesellschaft ist? Da wäre aber auch noch Euphemia (Annette Bening), Boucs Mutter und renommierte Malerin, sowie der Arzt Linus Windlesham (Russell Brand), der einst mit Linnet Ridgeway verlobt war und Gutes in der Welt vollbringen will. Andrew Katchadourian (Ali Fazal), der in Indien geborene und in Oxford ausgebildete Anwalt, der sich um alle juristischen Angelegenheiten der Ridgeway-Familie kümmert, sowie die amerikanische Sängerin Salome Otterbourne (Sophie Okonedo), die auf der Hochzeit auftreten soll, gehören ebenso zu den Verdächtigen – genauso Salomes Nichte Rosalie (Letitia Wright), die sich um das Management ihrer Tante kümmert. Zu guter Letzt wäre da noch die handfeste, aber gebrechliche Marie Van Schuyler (Jennifer Saunders), Linnet Ridgeways Patin, die zusammen mit ihrer Pflegerin Bowers (Dawn French) an der Hochzeitsreise teilnimmt. Sie alle haben zumindest ein Motiv, um Linnet Ridgeway nach dem Leben zu trachten. Doch wer nun wirklich den schrecklichen Mord begangenen hat, wird Hercule Poirot herausfinden – schließlich wird er nicht ohne Grund als Meisterdetektiv bezeichnet.
Dass die Bücher von Agatha Christie absolut zeitlos sind, hat Kenneth Brannagh bereits mit „Mord im Orient Express“ gezeigt. Doch während er dort die Zuschauer mit auf eine große Raterunde nahm, lässt er sich dieses Mal viel zu viel Zeit, bis es überhaupt auf die Suche nach einem Mörder geht. Denn TOD AUF DEM NIL beginnt zuerst einmal mit einer Rückblende in die Schützengräben des Ersten Weltkriegs, wo Poirot sich eine größere Gesichtsverletzung zuzieht. Dass diese Vorgeschichte lediglich dazu dient, seinen überdimensionalen Schnauzbart zu erklären, ist zwar eine nette Idee, allerdings gerät diese viel zu lang. Auch zur eigentlichen Geschichte gibt es noch eine Vorgeschichte, so dass es unverhältnismässig lange dauert, bis überhaupt der eigentliche Mord geschieht und das große Mörderraten eröffnet wird. Vermutlich lang es daran, dass man die israelische Schauspielerin Gal Gadot (Wonder Woman) als Mordopfer besetzt hatte und einen solchen Star nicht einfach so zu Beginn des Films sterben lassen wollte. Das lässt den Film aber unendlich zäh erscheinen, da vermutlich jeder Kinozuschauer auf die eigentlichen Ermittlungen erpicht ist.
Gedreht wurde TOD AUF DEM NIL überwiegend im Studio, was man dem Film leider immer wieder ansieht. Zwar haben die Produzenten in den Longcross Studios außerhalb von London wirklich beeindruckende Sets aufgebaut, durch die Studiobeleuchtung ist aber immer wieder mehr als deutlich zu sehen, dass man sich hier nunmal nicht an Originalschauplätzen befindet. Selbst die großzügigen Kameraschwenks über die Wüstenlandschaft wirken viel zu steril und künstlich, als dass hier irgendeine Stimmung aufkommen würde. Corona kann hier zudem nicht als Ausrede fungieren, denn der Film wurde bereits 2019 gedreht. Lediglich der Kinostart wurde aufgrund der Pandemie immer wieder verschoben.
Natürlich gibt es nicht nur Negatives zu berichten. Die Besetzung des Films ist sensationell gut gelungen – es gibt hier niemanden, der negativ hervortritt oder gar anderen die Schau stiehlt. Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack aufgrund der unfassbaren Künstlichkeit.
Dass es unter den Darstellerin gleich zwei gibt, die aktuell gerade kein gutes Standing haben, dürfte da noch das kleinste Problem sein. Armie Hammer, der aufgrund diverser Anschuldigungen von Frauen wegen sexuellem Fehlverhalten von diversen Regisseur*innen umbesetzt wurde und Letitia Wright, die als sture Impfgegnerin Negativschlagzeilen machte, tragen sicher nicht dazu bei, dass TOD AUF DEM NIL zu einem Erfolg wird. Aber sei es drum, vermutlich wird die eher ältere Zielgruppe davon eh gar nicht so recht etwas mitbekommen haben…
Beath on the Nile (USA 2019)
134 Minuten
Krimi / Thriller
Kenneth Branagh
Michael Green, nach dem gleichnamigen Roman von Agatha Christie
Kenneth Branagh, Tom Bateman, Annette Bening, Russell Brand, Ali Fazal, Dawn French, Gal Gadot, Armie Hammer, Rose Leslie, Emma Mackey, Sophie Okonedo, Jennifer Saunders, Letitia Wright
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany GmbH