The Iron Claw

21.12.2023

Man bezeichnete sie auch als die „Kennedys des Sports“: die von-Erich-Brüder, die sich in den 1980er Jahren allesamt im Wrestling einen Namen gemacht haben. Mit THE IRON CLAW setzt Regisseur Sean Durkin der von diversen Schicksalsschlägen betroffenen Familie eine Art Denkmal.

In seiner Karriere als Profi-Wrestler blieb für Fritz von Erich (Holt McCallany) der Weltmeistergürtel immer nur ein Traum. Um so energischer treibt er daher seine Söhne an, dieses Ziel zu erreichen. Zu Beginn stehen die Chancen auch ziemlich gut, schließlich hat es der Zweitälteste Kevin (Zac Efron) bereits zum texanischen Meister geschafft. Aber auch David (Harris Dickinson) macht bereits seine ersten Schritte im Wrestling. In jedem Fall liegen ihm die Showman-Seite des Sports wesentlich mehr, als seinen Brüdern. Lediglich an Muskelmasse hinkt er den restlichen Familienmitgliedern etwas hinterher. Als er die Gelegenheit bekommt, an einer Wrestling-Tour durch Japan teilzunehmen, wittert er seine große Chance. Kurze Zeit später wird die Familie vom ersten Schicksalsschlag erschüttert.

Als sein Olympia-Traum platzt, weil US-Präsident Jimmy Carter 1980 die Teilnahme sämtlicher Athleten an den Olympischen Spielen im kommunistischen Moskau absagt, folgt auch Diskuswerfer Kerry von Erich (Jeremy Allen White) seinen Brüdern in den Ring. Lediglich der jüngste Sohn Mike (Stanley Simmons) bereitet Jack noch Probleme: Er musiziert lieber mit seinen Freunden in der Garage, anstatt in den Ring zu steigen.

Als Kevin schließlich mit Pam (Lily James) die Liebe seines Lebens findet, geschieht das nächste Unglück. Immer mehr glaubt er, dass an dem angeblichen Fluch, der über dem Namen der Familie zu liegen scheint, doch etwas dran ist. Schließlich wird diesem bereits der tragische Tod des erstgeborenen Sohnes Jack Jr. im Kindesalter zugeschrieben. Ist der Traum von Unsterblichkeit auf der großen Bühne des Sports vielleicht doch eine Nummer zu groß?

Muss man für ein Verständnis von THE IRON CLAW zumindest ein minimales Interesse am Wrestling aufweisen? Eine Frage, die ich mir vor der Sichtung immer wieder gestellt habe. Bislang konnte ich mit dieser Art Sport nämlich nicht das Geringste anfangen.

Regisseur Sean Durkin, der auch das Drehbuch verfasst hat, konzentriert sich zum Glück mehr auf die Familiengeschichte, als auf das Wrestling. Aber auf die bekannte Frage, ob es sich Wrestling tatsächlich im Prinzip nur auf die Show beschränkt und die „Gewinner“ bereits vorab festgelegt werden, geht er leider überhaupt nicht ein. Hier hätte ich mir dann durchaus ein wenig mehr Hintergrundinformationen gewünscht.

Vordergründig sehen wir als Zuschauer immer nur die absurd immensen Muskelmassen, die die Figuren auftragen und die Durkin immer wieder gekonnt in Pose setzt – sei es beim Training oder bei den sensationell in Szene gesetzten Kampfszenen. Doch immer mal wieder gelingt es dem Regisseur, die Zerrissenheit seiner Figuren durchblicken zu lassen. Jede einzelne hadert mit seinem Leben und dem Druck, der auf ihnen lastet. Dazu trägt sicherlich das harte Regiment des Vaters bei, der sich nicht zu schade ist, ihnen immer wieder sein persönliches Lieblings-Ranking der Söhne aufsagt – jedes Mal verbunden mit dem Hinweis, dass sich jeder Einzelne zu jedem Zeitpunkt einen besseren Platz erarbeiten könne. Hinzu kommt die Kühle der Mutter, die zwar immer für ihre Söhne da zu sein scheint, jedoch schnell abwiegelt, wenn jemand doch mal über seine Probleme reden möchte.

Und so kommt am Ende für die Zuschauer die Einsicht, dass es womöglich nicht ein Fluch ist, der der Familie zu schaffen macht, sondern vielmehr die Eltern, die ihre Kinder in die Katastrophe treiben.

Letztendlich kommt für mich nach dem Fallen des Vorhangs lediglich die Erkenntnis, dass ich diesen Sport immer noch nicht verstehe – und irgendwie auch gar nicht verstehen möchte. Daher bleibt mir die Geschichte der von Erichs auch im Nachgang irgendwie versperrt und seltsam fremd. THE IRON CLAW ist sicherlich kein schlechter Film, für mich hat er aber leider nur bedingt funktioniert.

Trailer

ab12

Originaltitel

The Iron Claw (Großbritannien / USA 2023)

Länge

133 Minuten

Genre

Drama / Biografie

Regie

Sean Durkin

Drehbuch

Sean Durkin

Darsteller

Zac Efron, Jeremy Allen White, Harris Dickinson, Maura Tierney, Stanley Simons, Holt McCallany, Lily James

Verleih

Leonine Distribution GmbH

Filmwebsite

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