Silent Night – Stumme Rache

Autor: Jan-Barra Hentschel

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Der 1946 geborene Chinese John Woo gilt als einer der wichtigsten Vertreter des sogenannten Hongkong-Kinos. „The Killer“ (1989) und „Hard Boiled“ (1992) gelten immer noch als Meisterwerke dieses Genres. Inzwischen lebt John Woo in Los Angeles. Nach „Manhunt“ von 2017 kommt jetzt SILENT NIGHT – STUMME RACHE in unsere Kinos. Leider präsentiert sich der Starregisseur hier nur noch als ein Schatten seiner selbst. Schade!

Dabei ist die Pointe verblüffend: In diesem blutigen Rachedrama wird nämlich nicht geredet. Das Motto lautet also kurzgefasst: Ein Stummer sieht rot! Man hört Nachrichten aus dem Fernsehen und lauscht dem Polizeifunk. Andere Sprachfetzen bietet uns der Film nicht. Das ist natürlich eine technische und ästhetische Herausforderung. Doch um welchen Preis? Denn jeder im Kinosaal merkt die überraschende Pointe ziemlich schnell!

Weihnachten 2021, an der texanischen Grenze zu Mexiko: Brian Godlock (Joel Kinnaman) tollt mit seinem kleinen Sohn und seiner Frau Saya (Catalina Sandino Moreno) im Garten vor dem Haus. Doch auf den Straßen tobt ein brutaler Bandenkrieg – für diese gefährliche Gegend nichts Besonderes. Bei einer rasanten Autoverfolgung wird Brians Sohn von einer verirrten Kugel tödlich getroffen. Brian hetzt dem vermeintlichen Täter Playa (Harold Torres) hinterher und stellt ihn. Doch der schießt ihm kaltblütig in den Hals. Nur eine komplizierte Operation rettet Brian das Leben – doch er hat seine Sprache verloren. Aus Solidarität verzichtet Saya auch aufs Reden, und beide leben von nun an stumm Seite an Seite. Zunächst akzeptiert Saya Brians Rachegelüste – doch irgendwann wird ihr die Situation zu viel, und sie verlässt das Haus.

Ein Jahr später stellt sich Brian allen Straßenbanden der Stadt – dafür hatte er das ganze Jahr trainiert. Schwer bewaffnet stellt sich der Racheengel der Übermacht – und das Blutbad beginnt. Polizist Dennis Vassel (Scott Mescudi) weiß, was Brian vorhat – greift aber erst im letzten Moment ein…

Das alles hat John Woo mit gewohnter Routine und handwerklichem Geschick effektvoll inszeniert. Doch schon nach wenigen Minuten lässt bei den Kinozuschauern während der nicht enden wollenden Schusswechsel und Blutbäder das Interesse nach. Tausend Mal gesehen…

Hier hat ein ehemaliger Meisterregisseur mit nur einer (!) Idee schnell sein Pulver verschossen. Auch absolute John-Woo-Fans werden bei diesem Action-Kracher ihre Probleme haben.

Trailer