Never Let Go – Lass niemals los

Autor: Jan-Barra Hentschel

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Eine einsam gelegene Hütte mitten im Wald, eine Mutter, zwei Kinder, drei Seile – und „das Böse“ als geheimnisvolle Bedrohung: So werden Mystery-Horrorfilme gemacht! Das gilt auch für NEVER LET GO – LASS NIEMALS LOS von Alexandre Aja mit Oscar-Preisträgerin Halle Berry (für „Monster’s Ball“) in der Hauptrolle.

Eine Mutter (Halle Berry) lebt seit Jahren mit ihren Zwillingssöhnen im Grundschulalter, Samuel (Anthony B. Jenkins) und Nolan (Percy Daggs IV), in einem Holzhaus. Sie erklärt den beiden, „das Böse“ habe die Familie aus der Zivilisation vertrieben – jetzt gehe es nur noch um das nackte Überleben. In dieser postapokalyptischen Welt müssen die Jungen ihrer Mutter blind vertrauen. Jeden Morgen bindet die Frau ihre Söhne an ein langes Seil, dessen anderes Ende an der Veranda befestigt ist. So machen sich die Drei getrennt voneinander für ein kärgliches Abendessen auf Nahrungssuche (Eichhörnchen, Insekten, Pilze, Baumrinde usw.). Wichtigste Grundregel: „Bindet euch nie los – hinter dem Ende des Seils wartet der Tod.“

Irgendwann stellt sich natürlich die Frage: Gibt es diese Bedrohung wirklich oder bildet sich die Frau das alles nur ein? Ist das Seil vielleicht nur die metaphorische Nabelschnur einer übervorsichtigen Mutter? Abends liest die Frau den Zwillingen gruselige Märchen von Hans Christian Andersen und den Brüdern Grimm vor. Das ist wahrlich nichts für schwache Nerven…

Regisseur Alexandre Aja und seine Drehbuchautoren KC Coughlin und Ryan Grassby wissen, wie man die Fantasie der Kinozuschauer anstachelt und wie man falsche Fährten legt. Doch plötzlich taucht eine neue Person im Wald auf. Ist „das Böse“ endlich angekommen?

Mithilfe einer genialen Tonspur steigert Alexandre Aja das Grauen ins Unermessliche. Und Halle Berry schafft es mit ihrer grandiosen Darstellung, uns bis zum Schluss im Unklaren zu lassen. Fans von Mystery-Thrillern sollten bei dieser scheinbar bekannten Konstellation nicht zu viel erwarten. Doch NEVER LET GO – LASS NIEMALS LOS entpuppt sich als grundsolider Horror. Immerhin: Über die Auflösung lässt sich lange streiten…

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