Mona Lisa and the Blood Moon

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Die 1980 in England geborene Regisseurin Ana Lily Amirpour ist iranischer Abstammung. Im Alter von acht Jahren zog sie mit ihren Eltern in die USA. 2014 sorgte sie mit ihrem ersten Spielfilm „A Girl Walks Home Alone At Night“ weltweit für Furore: Im in Schwarzweiß gedrehten Vampirfilm wird – obwohl er in den USA spielt – nur Farsi gesprochen, die Sprache der Iraner. Ihr dritter Spielfilm MONA LISA AND THE BLOOD MOON wurde zwar bereits 2019 gedreht, kommt aber jetzt ins Kino. Und auch er fasziniert und verstört uns alle!

Wegen ihrer übersinnlichen Fähigkeiten wird die junge Mona Lisa (Jun Jong Seo, bekannt geworden durch die Hauptrolle im südkoreanischen Meisterwerk „Burning“) seit zwölf Jahren in der Gummizelle einer Psychiatrischen Klinik irgendwo in Louisiana gefangen gehalten. Auch ihre Zwangsjacke darf sie nie ablegen. Mit ihren Augen und Händen kann sie jeden, der ihr zu nahe kommt, manipulieren und zu etwas zwingen, das er oder sie nicht will.

Als ihre Maniküre in der Zelle einen kurzen Moment nicht aufpasst, kann Mona Lisa fliehen und landet im hektischen Nachtleben von New Orleans. Sie freundet sich mit der Stripperin Bonnie (Kate Hudson) an, die sofort deren besondere Gabe erkennt. Sie nimmt die von der Polizei Gesuchte mit nach Hause, wo Mona Lisa auch Bonnies hochintelligenten zehnjährigen Sohn Charlie (Evan Whitten) kennenlernt. Auch der undurchsichtige Drogendealer Fuzz (Ed Skrein) hilft der jungen Frau – natürlich erwartet er eine Gegenleistung.

Die Polizei kommt durch Überwachungskameras einem Gaunerpärchen auf die Schliche: Vor Geldautomaten knöpfen zwei Frauen den Kunden das abgehobene Geld ab, ohne dass diese sich wehren. Und eine der beiden ist längst zur Fahndung ausgeschrieben. Also macht sich Officer Harold (Craig Robinson) auf die Verfolgung von Bonnie und Mona Lisa. Als er dieser endlich gegenübersteht, nötigt sie ihn nur durch Blicke und Armbewegungen, sich selbst ins Knie zu schießen. Dumm gelaufen!

Die Regisseurin Ana Lily Amirpour inszeniert diese extrem bizarre Geschichte in einem knalligen Neon-Look, gespickt mit Techno- und Heavy-Metal-Musik. So grell und krass haben wir diese Stadt noch nie gesehen. Dieses gespenstige, nächtliche New Orleans wartet auf die totale Mondfinsternis, an deren Ende der sogenannte „Blutmond“ erscheint: Der Erdschatten macht dann aus dem gelben Vollmond eine rote Kugel.

Als Bonnie von vier Macho-Kunden des Nachtclubs, die sie mit Mona Lisas Hilfe ausgenommen hatte, auf offener Straße zusammengeschlagen wird und schwer verletzt im Krankenhaus landet, wollen Mona Lisa und Charlie aus der verhassten Stadt fliehen. Auf dem Flughafen kommt es dann zum melodramatischen Finale. (Nicht unbedingt der beste Drehbucheinfall!)

Diese geniale Mischung aus Exotik, Fantasy und Nonkonformismus macht Ana Lily Amirpour so leicht keiner nach. Und die Kameraarbeit von Pawel Pogorzelski („Hereditary“, „Midsommar“) ist schlichtweg sensationell. Außerdem hat man Kate Hudson lange nicht mehr in einer so schrägen Rolle gesehen. Hier stimmt (fast) alles. Hingehen!